Es war eine Todesanzeige am Dienstag vergangener Woche, wie sie häufig in dieser Zeitung erscheint: Eine Ehefrau trauert um ihren Ehemann. Silvia Vieli-Zillig erinnerte in der Anzeige liebevoll an Jakob Mathias Vieli. Er war am 28. Mai im Alter von 78 Jahren gestorben.Wer Jakob Vieli kannte, mochte verwundert sein, dass es nicht Bischof Markus Büchel war, der mit der Traueranzeige dessen Tod bekanntgab. Stirbt ein Geistlicher, ist dies so üblich. Jakob Vieli war ein katholischer Priester. Das kann man der Anzeige nicht entnehmen. Vielmehr geht aus ihr hervor, dass er verheiratet war.«Er wollte nicht, dass das Bistum die Todesanzeige aufgibt. Das tat seine Ehefrau», sagt Kaplan Georg Changeth. Er lernte Jakob Vieli in den zwei Jahren, in denen er Pfarreibeauftragter von Widnau ist, als einen, freundlichen und geselligen Menschen kennen, der sehr gut mit den Menschen umgehen konnte. «Er machte einen zufriedenen Eindruck auf mich.»Seit 2007 in der Heimat der HaushälterinJakob Vieli wurde im Oktober 1942 in Vals geboren. Im März 1967 empfing er in Chur die Priesterweihe. Als er im Jahr 2007 pensioniert wurde, übersiedelten er und seine langjährige Haushälterin nach Widnau. Dort wuchs Silvia Vieli auf.Die Zeit, in der Jakob Vieli als Priester wirkte und als Aushilfe in mehreren Rheintaler Pfarreien Gottesdienste zelebrierte, war bereits vorüber, als Georg Changeth nach Widnau kam. Priesterliche Dienste zu leisten, war dem Pensionär zu der Zeit aus gesundheitlichen Gründen schon nicht mehr möglich. Als die politische Gemeinde dem Pfarramt vor etwa einem Jahr meldete, dass Jakob und Silvia Zillig zivilrechtlich geheiratet hatten, nahm Georg Changeth dies zur Kenntnis, unternahm aber nichts weiter. «Ich wollte einem alten Mann nicht schaden», sagt er. Jakob Vieli trat schon längst nicht mehr als Priester auf, er feierte nicht mehr die Messe. «Das konnte er gar nicht mehr.»[caption_left: «Auch ein Priester muss dauerhafte Beziehungen führen», sagt Georg Changeth, Kaplan in Widnau.]Jakob Vieli habe recht und in Wahrheit leben wollen, sagt Georg Changeth. Die Beweggründe der Heirat kennt er nicht. «Auch ein Priester muss dauerhafte Beziehungen führen.» Silvia Zillig führte ihrem späteren Mann dreissig Jahre lang den Haushalt und begleitete ihn durch sein Leben. «Hier ist nicht der Zölibat wichtig. Ich vermute, er wollte seine Haushälterin über seinen Tod hinaus absichern.»Der Verstorbene hatte den Wunsch geäussert, nicht wie ein Priester bestattet zu werden. «Zu seinem Verhalten habe ich nichts zu sagen. Meine Aufgabe ist es, den Menschen Gutes zu tun und nicht über sie zu urteilen», sagt Georg Changeth. Es stimmt ihn traurig, dass die vielen Menschen, die den Verstorbenen kannten und schätzten, keine Gelegenheit bekamen, sich zu verabschieden. Der Kaplan wollte für seinen Mitbruder, der den Menschen stets mit Respekt begegnete, eine kleine und würdige Trauerfeier gestalten. An ihr nahmen die Witwe und zwei oder drei weitere Menschen teil. «Es war mir eine grosse Freude, dass ich ihm meinen Respekt erweisen konnte», sagt Georg Changeth. Die Kirchenglocken läuteten nicht. Bestattet wird Jakob Vieli in seiner Heimat Vals.Bischof Markus Büchel kondoliert der WitweDas Bistum St. Gallen trauert ebenfalls um den verheirateten Priester. «Bischof Markus Büchel dankt ihm herzlich für die geleisteten Dienste. Unser Bischof hat ihn nicht persönlich gekannt, er ist ihm höchstens ein- oder zweimal an grösseren Anlässen kurz begegnet», lässt sich Sprecherin Sabine Rüthemann von kath.ch, dem Katholischen Medienzentrum in Zürich, zitieren. Dort ist weiter zu lesen, dass der Bischof erst «kürzlich und zufällig» von der Heirat erfuhr. «Den Hinterbliebenen kondoliere der Bischof ‹herzlich und wünscht ihnen viel Kraft in diesen Tagen. Jakob Vieli ruhe im Frieden Gottes! Wir werden seiner im Gebet gedenken›», so Sabine Rüthemann.