19.01.2022

Pensionierte bereichern die Schule

An der Primarschule Rosenberg in St. Margrethen unterstützen Pensionierte die Klassenlehrpersonen in der Schule.

Von Benjamin Schmid
aktualisiert am 02.11.2022
Die Schülerinnen und Schüler der zweiten Klasse von Lehrerin Ajrija Azizoska sind sich einig: «Herr Lanz ist sehr lieb und wir sind froh, dass er uns hilft.» Seit einigen Wochen begleitet Urs Lanz die Zweitklässler während zwei Lektionen pro Woche. Dass ihn die Kinder ins Herz geschlossen haben und sie seine Anwesenheit schätzen, ist sichtlich spürbar.«Leider ist er nur zwei Lektionen hier, er dürfte ruhig auch öfter kommen», ist im Klassenzimmer zu hören.Senioren sind eine Stütze für die LehrpersonenNebst dem 72-jährigen Urs Lanz unterstützen die 58-jährige Karin Lütolf und der 70-jährige Rolf Hanselmann die Lehrpersonen im Unterricht. «Es ist eine Bereicherung für die ganze Klasse», sagt Lehrerin Petra Künzler. Gerade im textilen Werken könne sie eine helfende Hand sehr gut brauchen.Karin Lütolf helfe, wo sie könne, und die Schülerinnen und Schüler schätzen es, eine zweite Ansprechperson zu haben, die auch konkrete fachliche Unterstützung liefern kann. Die Klassen-Opas und -Omas müssten keine Voraussetzungen erfüllen, die Freude an der Arbeit mit den Kindern genüge. «Es ist eine Win-win-win-Situation und ein Mehrwert für alle Beteiligten», sagt Petra Künzler. Sie sei entspannter, der Unterricht werde ruhiger.Während die Klassenlehrperson Inhalte vermittelt und die Schülerinnen und Schüler beurteilt, begegnen die Kinder den Seniorinnen und Senioren auf anderer Beziehungsebene. «Sie sind eine Stütze für uns», sagt Ajrija Azizoska. Sie weiss die Vorzüge ebenso zu schätzen wie ihre Schüler. «Das Angebot fördert den Dialog und die Solidarität über Generationen hinweg und ermöglicht ein vertieftes gegenseitiges Verständnis», sagt die 33-jährige Lehrerin.Nebst dem Austausch zwischen Kindern und Pensionierten sei auch die Zusammenarbeit zwischen ihnen und den Lehrpersonen wertvoll und lehrreich. Die Rollenverteilung sei klar, dennoch ermögliche Urs Lanz mit seiner Erfahrung und seinem Wissen einen anderen Blick auf verschiedene Themen. «Erzählt er aus seiner Schulzeit, hören die Kinder fasziniert zu und tauchen in eine ihnen fremde Welt ein.»Keine Verantwortung, nur UnterstützungUrs Lanz, der nach seiner Pensionierung der Liebe wegen von Basel nach St. Margrethen zog, hat grosse Freude an der Arbeit mit den Kindern: «Ich trage keine Verantwortung, sondern bin nur als Unterstützung im Klassenzimmer.» Er fühle sich wohl und akzeptiert, kenne die Grenzen und respektiere seine Rolle im Unterricht. Er geniesse die Abwechslung im Alltag, bleibe fit im Kopf und freue sich über die ihm entgegengebrachte Wertschätzung von Kindern und Lehrpersonen. Es sei schön, profitierten die Kinder von seiner Erfahrung – er sei aber nicht enttäuscht, wenn seine Ideen ungehört blieben.Karin Lütolf, die einst selbst mit der Ausbildung zur Handarbeitslehrerin liebäugelte, war schnell bereit, Petra Künzler zu unterstützen, ihre Kollegin aus der Frauengemeinschaft. Ihr gehe es sehr gut dabei, am Unterricht unterstützend mitzuwirken und keine Verantwortung übernehmen zu müssen. «Ich bin die gute Fee im Hintergrund», sagt die St. Margretherin.Allein ihre Präsenz verändere die Klasse. Sie geniesse die Abwechslung im Alltag und erfreue sich an der Energie der Jugend. Sie sei froh, habe sie auf Rolf Hanselmann gehört und es ausprobiert: «Es ist ein tolles Projekt, das ich allen Pensionierten empfehlen kann.»Projekt «Pensionierte im Klassenzimmer»Während in St. Margrethen erstmals Seniorinnen und Senioren Klassenlehrpersonen im Unterricht unterstützen, sind sie andernorts bereits seit vielen Jahren im Einsatz. In der Primarschulgemeinde Lienz unterstützt ein Senior die zwei altersdurchmischten Klassen seit 2010. Während je einem halben Tag ist er in den Klassen präsent, unterstützt einzelne Kinder individuell und motiviert sie auf lockere Art und Weise. In offenen Unterrichtsformen regt der Senior zum Denken an und fördert so den Lernprozess. Er unterstützt das kleine Lehrpersonenteam flexibel bei krankheitsbedingten Ausfällen von Lehrpersonen, Schulanlässen, Skitagen oder begleitet nach Bedarf die Klassen auf Schulreisen und in den Schwimmunterricht.In Balgach startete im Mai 2012 das Projekt «Senioren im Klassenzimmer» mit einem Senior in einer ersten Klasse. Aktuell arbeiten zwei Senioren in unterschiedlichen Unterstufenklassen für jeweils zwei Wochenlektionen mit. Die Kinder schätzen die «grosselterliche Vertrautheit» im sonst oft hektischen und abwechslungsreichen Schulalltag. Die Primarschule Au-Heerbrugg arbeitete mehrere Jahre mit freiwilligen Klassenhilfen. Wegen gestiegener Bedürfnisse bei den Lehrpersonen wechselte man aber auf Klassenassistenzen.

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