05.02.2021

Ohne Angst vor der Ohnmacht

Von Renato Tolfo
aktualisiert am 03.11.2022
Wohl jeder und jede von uns hat schon einmal vor einer verschlossenen Tür gestanden. Weiss, wie es ist, nicht reinzukommen. Doch noch schlimmer ist es nicht rauszukommen, eingeschlossen zu sein, in einem Gefängnis, das uns unentrinnbar vorkommt.Ohnmacht wie diese erleben wir an vielen Stellen, zum Beispiel im politischen Bereich gegenüber einem scheinbar übermächtigen Wirtschafts- und Finanzsystem, bei dem es nicht nur Gewinner, sondern auch viele Verlierer gibt. Ohnmacht gegenüber Krankheiten, gegen die wir noch keine Mittel gefunden haben.Ohnmacht kann zu Niedergeschlagenheit führen. Es ist ein Lebensgefühl, das sich wie ein Schleier über alles legt und das Leben zur Last macht. Das Leben als Last, das wünscht sich niemand.Auf dem Hintergrund solcher Ohnmachtserfahrungen halte ich mich fest an den Worten, so wie sie unzählige Male in der Bibel zu lesen sind: Fürchte dich nicht! Lass dich nicht von deinen Ängsten bestimmen, sondern vertraue Gott.Gott vertrauen heisst, damit zu leben, dass wir nicht alles in der Hand haben, dass die Welt und das Leben nicht vollkommen sind und trotzdem gut.«Fürchte dich nicht», höre ich die Stimme auch heute sprechen: zu der Frau, die nach einer schweren Herzoperation wieder aufgewacht ist; zu dem Mann, der im Sterben liegt; zu dem Jungen, der eine Krise durchmacht und nicht weiss, ob er seine Lehre abbrechen soll. «Fürchte dich nicht», höre ich ihn sprechen zu jedem und je-der von uns, in unsere tiefsten Ängste hinein: in die Angst vor dem Leben, vor Krankheit, Schmerz und Verlust, in die Angst vor Versagen. Gott öffnet uns Türen und ist für uns da, ohne irgendeine Vorleistung zu verlangen. Er wendet sich all denen zu, die mit der Last ihres Lebens nicht mehr fertig werden.Und er blickt nicht hochmütig auf uns herab, sondern ruft uns zu: «Lauf doch nicht vor dir selbst davon, sondern komm mit allem, was dich bedrückt, zu mir!»Jeder Mensch trägt seinen Rucksack durchs Leben, der eine einen schwereren, eine andere einen leichteren. Aber, jede und jeder hat Sachen, die er/sie mit sich umherträgt, auch wenn das von aussen manchmal gar nicht sichtbar ist.Gott nimmt uns die Lasten des Lebens nicht ab, aber er will uns helfen, unsere Lasten zu tragen, damit wir ohne Angst durch das Leben gehen und entspannter, erwartungsfroh und zuversichtlich sein können. Darum streckt er auch uns die Hand entgegen und sagt: «Fürchtet euch nicht!» Vertrauen wir darauf, dass er uns leitet, auch dann, wenn im Leben einiges durcheinander gerät.Renato TolfoPfarrer in Rebstein

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