17.12.2020

Öfter am Schirm als am Schalter

Wegen Corona verzichten viele Rheintaler auf den Besuch im Gemeindehaus und erledigen ihre Geschäfte im Netz.

Von Seraina Hess
aktualisiert am 03.11.2022
Einen Betreibungsregisterauszug bestellen, den Umzug melden oder die Frist der Steuererklärung verlängern: Wer heute etwas von der öffentlichen Verwaltung will, muss dafür kaum noch ins Rat- oder Gemeindehaus. «Salopp gesagt: Die persönliche Vorsprache ist nur noch bei der Neuausstellung einer Identitätskarte oder bei der Beglaubigung einer Unterschrift nötig. Viele Formulare und Dienstleistungen sind auf elektronischem Weg verfügbar», bestätigt der Oberrieter Ratsschreiber Philipp Scheuble. Während in der Privatwirtschaft viele Firmen ihre IT aufgrund der Pandemie im Eiltempo aufrüsten und Prozesse anpassen mussten, haben die Gemeinden ihre Schaltergeschäfte bereits vor Jahren im Netz zugänglich gemacht.Neun Verwaltungen spüren eine deutliche ZunahmeObschon die wenigsten Verwaltungen ihre Schalter während des Lockdowns ganz geschlossen hatten und den Zugang meist nur leicht regulierten, verzeichnete die Mehrheit der Kanzleien einen Besucherrückgang. Stattdessen stellten sie eine gesteigerte Nutzung der Onlinedienste fest, wie unsere Umfrage bei den Gemeinde-, Stadt- und Bezirkskanzleien im Rheintal und im Appenzeller Vorderland zeigt. Insgesamt bestätigen acht Gemeinden und ein Bezirk eine spürbar erhöhte Aktivität am Online-Schalter. Das ist in Thal, Rheineck, St. Margrethen, Au, Balgach, Rebstein, Oberriet, Heiden und Oberegg der Fall. Keine Veränderung gab es währenddessen in Diepoldsau, Widnau, Altstätten, Eichberg und Reute.Die Mehrheit der befragten Ratsschreiberinnen und -schreiber bestätigte zudem eine Zunahme telefonischer Geschäftsabwicklungen und eine ausgeprägte Mailkorrespondenz – teilweise auch, um Vorsprachen im Rathaus zu vereinbaren. Auch die Gemeinde Balgach hat ihre Einwohnerinnen und Einwohner auf mehreren Kanälen darauf hingewiesen, dringende Besuche anzumelden. «Diese Weisung wurde und wird von der Bevölkerung pflichtbewusst beherzigt», sagt Gemeinderatsschreiberin Susana Jevremovic. «Grundsätzlich sind wir aber darauf bedacht, dass so vieles wie möglich online abgewickelt wird. Somit kann es schon sein, dass wir in der nächsten Zeit – vor allem infolge Corona – noch mehr Onlinedienste aufschalten.» Gemäss Jevremovic zeigen sich die Kunden dankbar über das Angebot, weil ihnen so das zusätzliche Risiko einer Ansteckung erspart bleibt.Nicht alle folgen dem Appell vorbildlichZwar sind digitale Dienstleistungen inzwischen vielerorts etabliert, doch einige Gemeinden appellieren noch immer verstärkt an die Vernunft der Bevölkerung. Der Rebsteiner Gemeinderatsschreiber Urs Graber sagt: «Die Abwicklung der Geschäfte ohne persönliche Vorsprache hat zwar zugenommen, allerdings nicht so stark wie erwartet. Leider missachten nach wie vor viele Kunden unsere Hinweise und erscheinen trotzdem im Rathaus.» Auch während der zweiten Welle der Pandemie würden Mitarbeiter täglich Einwohner beobachten, die gewohnheitshalber am Schalter stehen. «Die Bevölkerung muss sich noch an die Situation gewöhnen», sagt Graber. Der Oberrieter Ratsschreiber Philipp Scheuble pflichtet dem bei: «Auch bei uns musste ein Umdenken stattfinden. Es war jahrelang üblich, dass man Dokumente persönlich im entsprechenden Büro im Rathaus vorbeigebracht hat.» Besucher wiegen sich mit Maske in SicherheitZu Beginn der ersten Welle im März und April habe man in Oberriet aufgrund der allgemeinen Unsicherheit eine Abnahme der Schaltergeschäfte respektive eine Zunahme von Telefonaten und Onlinegeschäften registriert. «Das geriet aber im Mai und im Juni relativ schnell wieder in Vergessenheit», ergänzt Philipp Scheuble. «Als sich das Tragen der Maske etabliert hatte, nahmen die Vorsprachen im Rathaus wieder zu. Auch jetzt während der zweiten Welle ist das so, obwohl die täglichen Ansteckungszahlen sehr hoch sind.»

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.