Gert BrudererIn einem kleinen Raum, der mit dem Bau der Leichenhalle 1980 entstand, hat die Kirchgemeinde den 1596 erschlagenen Freiherrn Johann Philipp von Hohensax als schwarze Mumie liegen.Der Mörder war ein Neffe: Ulrich Georg. Dieser war katholisch und trat den Reformationsbestrebungen seines evangelischen Onkels entgegen. Dieser hatte schon in den Niederlanden für den evangelischen Glauben gekämpft, brachte von dort die Manessische Handschrift mit und schickte sich gegen Ende des 16. Jahrhunderts auch in seiner Herrschaft an, dem Reformationswerk zum endgültigen Durchbruch zu verhelfen. Haag und zum Teil auch Sax hatten den neuen Glauben noch nicht angenommen.Im Zuge einer erbrechtlichen Auseinandersetzung und konfessioneller Spannungen kam es in Salez, im Gasthaus Löwen, zu einem Streit zwischen Johann Philipp und Ulrich Georg, wobei dieser dem Onkel mit einem festen Gegenstand den Schädel brach.Schwer verletzt wurde Johann Philipp auf Schloss Forstegg in Salez gebracht, wo er noch tagelang lebte und sogar einen schriftlichen Hilferuf an den Rat in Zürich verfasste. Die Handschrift liess sich in der jüngeren Vergangenheit eindeutig Johann Philipp von Hohensax zuordnen.Fernsehen ZDF berichtete 2005Mitte des letzten Jahrzehnts wurden mit modernen Mitteln Untersuchungen durchgeführt. Der Basler Anthropologe Bruno Kaufmann, der die Mumie schon 25 Jahre zuvor untersucht hatte, gelangte zu folgendem Schluss: Im Gasthaus Löwen war der Freiherr schwer verletzt worden, erst Tage später soll er vom Neffen den tödlichen Schlag erhalten haben und zusätzlich mit einem Seil gewürgt worden sein.Die Untersuchungen waren vom Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) veranlasst worden. An den Originalschauplätzen spielten Laienschauspieler die Ereignisse von 1596 nach. Zugleich hatten Wissenschaftler und Kriminalisten den Auftrag erhalten, die Mumie nach neuesten Methoden zu erforschen. ZDF berichtete am 13. Juni 2005 in seiner Sendung «Abenteuer Wissen» ausführlich über die Rekonstruktion des rätselhaften Mordfalls.Johann Philipp hatte in Heidelberg und Paris studiert, war humanistisch gebildet und stand mit prominenten Grössen seiner Zeit, etwa mit dem Zürcher Reformator Bullinger, in Kontakt, wie die NZZ vor 13 Jahren schrieb. Der Tod des Freiherrn «hätte aber kaum über seine Zeit hinaus Wellen geworfen, wäre es 1730 nicht zu einem überraschenden Fund gekommen», wie in der NZZ zu lesen war.Trotz der Aufmerksamkeit, die der Mumie von Sennwald im letzten Jahrzehnt zuteil wurde, ist ihre Existenz nördlich von Sennwald kaum bekannt.Protestantische Mumie war unerwünscht1730, bei Bauarbeiten an der Kirche in Sennwald, wurde die Familiengruft der Hohensax geöffnet. Darin lag – völlig unverwest, in einem violetten Seidengewand – der Leichnam Johann Philipps. Vom «Wunder von Sennwald» war gleich die Rede und die Nachricht verbreitete sich in Windeseile.Was dann geschah, ist von Hans Jakob Reich in einem historischen Beitrag beschrieben. «In der Nacht auf den 7. März 1741 brachen vier Männer aus Vorarlberg in die Sennwalder Kirche ein, öffneten die Freiherrengruft, stahlen Johann Philipps Leichnam und brachten diesen nach Frastanz. Der Raubzug – nachweislich unterstützt vom Rektor der Jesuiten in Feldkirch – erfolgte im Glauben, damit einen katholischen Heiligen von der Schmach zu erlösen, in ungeweihter Erde bestattet zu sein.»Auch materielle Gründe hätten mitgespielt, schreibt Reich. Tatsächlich sei der «heilige Leib von Sennwald» zu einer sicheren Einnahmequelle geworden. Als aber bekannt wurde, dass es sich bei der Mumie nicht um einen katholischen Märtyrer handelte, sondern um die sterblichen Überreste eines reformierten Glaubenskämpfers, wurde die Mumie – Ende Mai 1741 – in einem Sarg an der Rheingrenze abgeliefert und von da ins Schloss Forstegg in Salez gebracht.Zunächst fand die Mumie in die Familiengruft in Sennwald zurück, später wurde der Leichnam während Jahrzehnten in der Glockenstube des Kirchturms offen aufgebahrt, was ihm schlecht bekam. Der Körper verfärbte sich schwarz und führte zur Bezeichnung «Schwarzer Ritter», obschon Johann Philipp kein Ritter gewesen war.Dass der Freiherr der Nachwelt als Mumie erhalten blieb, ist einem Zufall zu verdanken. In der NZZ war als Erklärung zu lesen: «Wenn eine Leiche einem stetigen, leichten Luftzug ausgesetzt ist, dann trocknet sie langsam aus.»Bruder der Mumie tötete äbtischen VogtEin bewegtes Leben hatte auch der älteste Bruder der Mumie, Freiherr Johann Christoph. Der erstach vor 450 Jahren im Alter von kaum zwanzig Jahren den äbtischen Vogt Grüninger, der seinen Sitz auf der Burg Blatten bei Oberriet hatte. Der Vogt begegnete Johann Christoph, als dieservom Altstätter Klausmarkt seinem Zuhause entgegenritt. Ausserhalb des Städtchens soll der Vogt den jungen Freiherrn nach einem Wortwechsel mit gezückter Waffe angegriffen haben. Johann Christoph setzte sich zur Wehr und verletzte den Vogt tödlich.Johann Christoph floh ins Ausland, wie Hans Jakob Reich schreibt. Zu seinem Glück ergab die Untersuchung durch Ammann Buschor von Altstätten, dass Vogt Grüniger den jungen Freiherrn angegriffen habe.Bereits früher soll der getötete Vogt zu Gewalttaten gegen die «lutherischen Ketzer» aufgefordert haben.Bitteres Ende für den Neffen der MumieAnders als für den Gegner des Vogts, nahm die Sache für den Neffen der Mumie ein schlechtes Ende.Der Mörder des Freiherrn Johann Philipp habe in der Nacht zwar fliehen können, ist zu lesen, über den Rhein nach Bendern zum dortigen katholischen Pfarrer.Hohenzollersche Verwandte sollen ihm sodann geraten haben, sich nach Ungarn zu begeben und «sich im Krieg gegen der Christenheit Feind, den Türken, gebrauchen zu lassen».Nach der Überlieferung blickte der Neffe von Johann Philipp im Kerker des Kaisers in Wien seinem Tod entgegen.Wegen anderer Gewalttaten soll er im Jahr 1600 enthauptet worden sein.