Fünf Jahre Gefängnis sind für den 50-jährigen IV-Bezüger aus dem Mittelrheintal beantragt, sechseinhalb Jahre für seine Schwester, eine Geschäftsfrau. Wegen gewerbsmässigen Betrugs stehen sie im Wesentlichen vor dem Kreisgericht Rheintal; der Staatsanwalt wirft beiden unrechtmässigen Rentenbezug vor, wobei die Gesamtsumme, zusammen mit den ungerechtfertigten Ergänzungsleistungen und Prämienverbilligungen der Mutter eine Million Franken übersteigt.Die Verteidiger der Geschwister hatten am Montagmorgen die Observierungen durch Detektive als illegal darzustellen versucht, als «krassen Verstoss gegen Verhältnismässigkeit». Ohne begründeten Anfangsverdacht seien die Detektive von der Sozialversicherungsanstalt (SVA) losgeschickt worden. Dem widersprach der Staatsanwalt entschieden. «Die SVA hatte allen Grund, anzunehmen, dass hier etwas nicht stimmt», sagte der Staatsanwalt – auch aufgrund eines anonymen Hinweises. Das Interesse der Öffentlichkeit an der Aufdeckung eines Sozialversicherungsbetrugs sei höher zu gewichten als in diesem Falle die privaten Interessen der Beschuldigten.Belege?
«För wa?»Nachdem am Vormittag die Verteidiger das Wort gehabt hatten, fand am Nachmittag die Befragung der Angeklagten statt. Diese allerdings hüllten sich weitgehend in Schweigen. Am ehesten gab noch die Mutter der beiden Geschwister Auskunft. Sie erzielte neben ihrer AHV-Rente Einkünfte aus ihrer Tätigkeit als Lebensberaterin, was die Frau allerdings nicht als Einkommen verstanden wissen möchte. Die in zwei Agenden aufgelisteten Einnahmen – durchschnittlich gut 21000 Franken pro Jahr – seien freiwillige Spenden, die sie vollumfänglich weitergespendet haben will. Belege? Hat sie nicht. «För wa?» meinte sie bloss. Sie sprach von einem «Ehrenkodex», der besage, dass man den Leuten helfe, ohne für sich selbst etwas entgegenzunehmen.Hauptangeklagte
schwieg zu allemIhre Tochter fing gar nicht erst an, Fragen des Gerichtspräsidenten zu beantworten, sondern berief sich auf ihr Aussageverweigerungsrecht. Ihr Bruder reagierte auf die Frage nach seinem Befinden mit einer Mischung aus Weinkrampf und Wimmern, sagte ein paar unverständliche Sätze und bewirkte so eine kurze Unterbrechung der Verhandlung. Echtes Leiden? Oder alles nur Show? In der Anklageschrift wird der Mann als Betrüger dargestellt, der seinen gesundheitlich schlechten Zustand nur vortäuscht.Zurück im Saal, sagte der Mann nur noch «I säg nünt meh» und wiederholte dies mehrere Male.Die drei Verteidiger stellten daraufhin eine ganze Reihe von Beweisanträgen. Es geht um die Einvernahme von Zeugen und Fachpersonen, auch ein psychiatrisches Obergutachten für den 50-Jährigen wurde beantragt, obschon sich schon mehrere Ärzte geäussert haben. Der Staatsanwalt ist dagegen; es sei bereits «alles gesagt» worden. Am Dienstagmorgen gibt das Gericht bekannt, wie es in Sachen Beweisanträgen entscheidet.