Oberegg war punkto Gastgewerbe Rekordhalter

Im Buch «Oberegger Geschichte» listet Autor David Aragai 59 Wirtschaften auf. Allein deren elf wurden in den 1870er Jahren eröffnet. Klangvolle Namen wie Frohsinn im Gigershus (eröffnet 1873), Ilge, Dorf (1873), Sternen, Dorf (1873), Traube, Ebenaustrasse (1873), Sternen, Eisenbühl (1875), Sonne, Wies (1876), Hirschen, Ebenaustrasse (1879) und Fernsicht, Oberkapf (1879) sind aber mittlerweile verschwunden. Heute noch ein gutes Dutzend WirtschaftenZu den heute noch bestehenden 1870er Häusern gehören nur noch das Grütli mit Bäckerei Bischofberger, Dorf (1874 eröffnet), und Grüner Baum, Steinegacht (1875). Gemäss aktuellem Telefonbuch gibt es derzeit in Oberegg nur noch ein gutes Dutzend Wirtschaften. Die vorläufig letzte Schliessung erfolgte an der Ebenaustrasse, wo Ende 2020 die Traube von Familie Brülisauer aufgehoben worden ist.   150 Jahre ReuteggSpeziell ist die Geschichte der 1872 und damit vor genau 150 Jahren eröffneten Reutegg/Rütegg im Wandergebiet zwischen St. Anton und Heiden. Die von Familie Weber geführte Wirtschaft wurde 1973 geschlossen, und niemand rechnete damals mit einer Reaktivierung. Genau dieser überaus seltene Fall aber trat ein: Werner Bucher und Irene Bosshart Bucher erwarben das Haus 2005, sanierten es stilgerecht und luden 2006 zur Wiedereröffnung des Restaurants ein. Seit dem Tod von Werner (2019) führt Gattin Irene die Wirtschaft weiter, die von Freitag bis Montag geöffnet ist.«Die Oberegger hocken lang und gern…»Angesichts der vielen Wirtschaften und dem oft überbordenden Konsum alkoholischer Getränke formierte sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine von Frauen getragene Anti-Alkoholbewegung. 1900 wurde sogar ein Oberegger Abstinentenverein gegründet, wobei sich ausschliesslich Frauen für einen Beitritt entschliessen konnten. Zudem bestand von 1939 bis 1945 an der Rutlenstrasse das alkoholfrei geführte Restaurant Grünau. Immer wieder wetterten auch Pfarrherren gegen den übermässigen Wirtshausbesuch. So etwa stellte der von 1957 bis 1970 in Oberegg tätige Johann Nikolaus Fässler kurz und bündig fest: «Gross und allwissend sind die Oberegger am Biertisch, wo sie gern und lang hocken…»