16.06.2021

Nostalgische Gefühle: Das Hookipa-Pub ist wieder offen

Die Generation Ü50 hat lebhafte Erinnerungen an die Beiz – und heute kehrt ihr Nachwuchs dort ein. Eine Ode ans «Hookie» in Staad.

Von Daniel Wirth
aktualisiert am 03.11.2022
Ho’okipa ist ein Strand auf der Insel Maui und ein Paradies für Surfer und Wellenreiter auf Hawaii. In der Region St. Gallen-Bodensee steht der Begriff (auf Hawaiianisch «Gastfreundlichkeit») für eine Beiz, die es seit 37 Jahren gibt. Ohne Konzeptänderung. Das Hookipa-Pub wurde 1984 von Christian uns Susi Ulrich eröffnet. In den 1980er-Jahren schossen in der Region Pubs wie Pilze aus dem Boden. Viele sind längst wieder verschwunden – doch das Hookipa-Pub direkt am See gibt es noch heute.Am Freitag vergangener Woche wurde es von Reto Allenspach, dem neuen Pächter («Alpenchique», «Amici») nach einer längeren Pause und nach dem Tod Christian Ulrichs wiedereröffnet. Neuer Geschäftsführer ist Alain Höhener (Baracca-Bar), ein Seebub.Es ist eine Übergangslösung. «Leider», sagen sich viele. Die Restag AG will das Hookipa-Pub irgendwann abreissen. «Ein Baugesuch haben wir noch nicht eingereicht», sagt David Fehr von der Restag AG. Es bestehe erst eine Projektidee, die auch das Hotel Weisses Rössli einbeziehe. Fehr sagt, der schöne Fleck am See bleibe aber auch bei einer neuen Nutzung öffentlich zugänglich. Alles andere, das behauptet werde, sei falsch.Beach-Feeling ist ProgrammFakt ist: All das ist Zukunftsmusik, noch ist das «Hookie», wie es von den Stammgästen genannt wird, offen. Seit 1984 hat sich nicht viel verändert. Das Konzept ist immer noch das gleiche: Das «Hookie» lebt von der Lage am See. Beach-Feeling ist angesagt. Der Renner der Speisekarte: Hamburger mit Kroketten – und Cocktailsauce.Diese schmeckt immer noch wie in den 1980er-Jahren. Apropros: Das waren noch Zeiten! «Was machen wir am Wochenende?»: Das fragte sich die Jugend, die damals noch mit dem Sackgeldverdunster unterwegs war. Die Antwort: «Hookie!» Am Freitag- und am Samstagabend war das Hookipa-Pub jeweils gerammelt voll.Es war der Treffpunkt für das Jungvolk. Kein Wunder: Christian und Susi Ulrich duldeten sehr viel. Sie drückten oft ein Auge zu, wenn zur Musik von U2 («Sunday Bloody Sunday») oder Simple Minds («Don’t You») auf den Barhockern halsbrecherisch getanzt wurde, um dem anderen Geschlecht zu imponieren. Im «Hookie» trafen sich nicht nur Windsurfer und Wellenreiter. Auch sehr viele junge Fussballer aus der ganzen Region. Vom FC Steinach bis zum FC Diepoldsau waren am Wochenende Junioren und Aktive im Hookipa-Pub. Wer sich am Samstagnachmittag in knallharten Derbys nichts schenkte, teilte sich am Abend die lange «Hookie»-Bar, trank zusammen Bier und grüne Mambas – ein Getränk, dessen Ingredienzen niemand kannte ausser den Barkeeperinnen. Zu viel davon schade dem Augenlicht, hiess es.Ulrich setzte aufs richtige Personal: Es war ausnahmslos gut gelaunt. Bei schönem Wetter bildete sich draussen vor dem Grill eine lange Schlange; das war die Flirtzone der Landjugend. Manch einer und manch eine wünschten sich, es möge länger dauern, bis der Hamburger und die Kroketten fertig sind, weil der Small Talk gut war.Die erste Stammbeiz nach dem JugendtreffIm «Hookie» lernten sich die Jungen kennen und lieben. Dort traf sich alles: Rocker mit schweren Maschinen, schmalbrüstige Töfflibuben, Popper mit Seitenscheitel und Möchtegern-Punks.Das Hookipa-Pub, dieses unauffällige blaue Haus an der stark befahrenen Seestrasse, war und ist ein Schmelztiegel urbaner und ländlicher Jugendkultur; es stellt für viele Adoleszenten die Nachfolge des Jugendtreffpunkts im Dorf dar. Es ist für viele die erste Stammbeiz. Wer in den 1980er-Jahren vom Töffli auf das Auto wechselte, für den war das «Hookie» dann meist nur noch die erste Station des grossen Ausgangs, der Ort, an dem man sich mit Hamburger und Kroketten den Boden holte für eine lange Nacht, in der es nicht selten über den Rhein und die Grenze nach Vorarlberg ging, beispielsweise in den «Sender» ins Lustenauer Riet.Es gibt in der Region am See Paare, die feierten schon die Silberne Hochzeit. Sie haben Kinder in der Adoleszenz. Die Erinnerungen an die ersten gemeinsamen Stunden, an den ersten Kuss in der Warteschlange vor dem Hookipa-Grill, sind aber noch lebhaft. Die Nachricht vom plötzlichen Tod des Hookipa-Gründers Christian Ulrich hat viele ehemalige Stammgäste traurig gemacht. Er hat  etwas geschaffen, das seines gleichen sucht: Eine Beiz, in der sich junge Menschen treffen. Das Restaurant mit seiner Gartenbeiz ist eine soziale Einrichtung, das bleibt es wohl, bis es dereinst abgerissen wird.

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