22.11.2018

Nordkorea-Referat mit Walter Eggenberger

Auf Einladung der Fachgruppe Geschichte hielt der ehemalige Journalist und Fernsehmoderator Walter Eggenberger an der Kantonsschule Heerbrugg vor den Schülerinnen und Schülern des dritten und vierten Jahrgangs einen Vortrag über Nordkorea. Die Nachmittagsveranstaltung war einem Thema gewidmet, das es schon seit Jahrzehnten immer wieder weltweit auf die Titelseiten der Medien schafft. Zum einen sind es die Kernwaffentests, welche Japan, die USA und vor allem das benachbarte Südkorea direkt bedrohen und damit das fragile Gleichgewicht in Ostasien stören, zum anderen ist es die Kriegsrhetorik sowohl der USA als auch Nordkoreas, welche die Welt in Atem hält und die bisweilen auch ins Groteske abdriftet, wie die Diskussion um den grösseren «roten Knopf» Anfang dieses Jahres gezeigt hat. Gerade in jüngster Zeit konnte es einem jedoch fast schwindlig werden, wie schnell sich die seit Jahrzehnten festgefahrene politische Lage auf der koreanischen Halbinsel veränderte und schliesslich im Aufsehen erregenden Treffen zwischen Präsident Trump und dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un im Sommer gipfelte. Es gibt gute Gründe, sich einmal aus erster Hand über dieses Land zu informieren. Kaum ein anderer Schweizer dürfte sich in Nordkorea so gut auskennen wie Walter Eggenberger, der das abgeschottete Land in den 23 Jahren seit Beendigung seiner Fernsehkarriere regelmässig als Reiseleiter besucht und zudem 1998 in Diensten des Schweizer Katastrophenhilfskorps ein ganzes Jahr dort verbrachte. So konnte der Referent in seinen spannenden Ausführungen denn auch in Wort und Bild aus dem Vollen schöpfen. Der Schwerpunkt lag dabei weniger in der aussenpolitischen Analyse und Einordnung, sondern vielmehr in den vielen persönlichen Erfahrungen, die der Referent in den vergangenen Jahrzehnten sammeln konnte. Walter Eggenberger spannte in seinen Ausführungen einen weiten Bogen, von der Selbstinszenierung des Systems und dem bizarren Personenkult um die Staatsführung bis hin zum grossen Elend, welches in Kontrast zur Postkartenidylle steht und möglichst vor den Touristen abgeschottet bleiben soll. So erfuhren die Zuhörerinnen und Zuhörer an diesem Nachmittag, dass in jedem Haus eine Zimmerwand eigens für die Verehrung der «grossen Führer» vorgesehen ist und sogar spezielle Blumenzüchtungen nach ihnen benannt wurden. Als Majestätsbeleidigung ausgelegt wird bereits das unachtsame Falten einer Zeitung, auf deren Titelseite Kim Jong Un dargestellt ist. Aufnahmen von Bauern, die mit einfachsten Ochsengespannen ihre Ernte einfahren oder von Lastwagen, die mit Holzvergasern betrieben werden, deuten andererseits die grosse Armut dieses Landes an, in dem über 40% der Bevölkerung als unterernährt gelten. Was sich jenseits der schönen und für die Touristen inszenierten Fotosujets in Nordkorea abspielt, kann auch vom Experten nur erahnt werden. Angesprochen auf die gravierende Menschenrechtssituation und die Behandlung der politischen Gefangenen laute die ernüchternde Standardantwort der nordkoreanischen Gruppenbegleiter stets: «Auch ihr in der Schweiz habt ja Gefängnisse.» So hinterlässt dieser Nachmittag das zwiespältige Bild eines Landes, welches einerseits mit seinen Naturschönheiten sowie einer reichen Kultur und Geschichte aufwarten kann, andererseits aber durch sein totalitäres politisches System auch abschreckend wirkt. (SR)

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