Boccaccios «Decamerone» mit der Frauenfelder Theaterwerkstatt Gleis 5 war nach mehr als einem halben Jahr Pause ein voller Erfolg.Pestärzte wachten über SchutzmassnahmenIn Boccaccios bekannter Novellensammlung zogen sich zehn junge Adelige während der Pest von 1348 aus der Stadt Florenz auf ein Landgut in die selbst gewählte Quarantäne zurück. Mittelalterliche Pestärzte geleiteten die Zuschauer auf ihre Plätze und wachten darüber, dass alle aktuellen Schutzmassnahmen eingehalten wurden. Schaurig-schöne und düster-stimmige Akkordeonklänge von Goran Kovacevic schufen dazu die richtige Atmosphäre. Spiel und Realität, Mittelalter und Gegenwart verschmolzen zu einer Einheit.In der Pestquarantäne erzählten sich die jungen Florentiner zum Zeitvertreib 100 humorvolle Geschichten. Von Liebe und Ehebruch, von Lug und Trug. Aber auch mit besinnlichen und lehrreichen Inhalten. Der Theatergruppe um Noce Noseda und Simon Engeli ist es gelungen, diesen Stoff in Szenen umzusetzen und so ein turbulentes Stück Strassentheater zu schaffen.Verblüffender Wortwitz und ImprovisationskunstDie Zuschauerinnen und Zuschauer erlebten rasant vorgetragene Szenen, immer wieder verblüffenden Wortwitz und mit einfachsten Mitteln geschaffene Illusionen. Spielfreude, uner-müdliche Beweglichkeit, schnelle Einsätze, Improvisationstalent und Ideenreichtum zeichnen die sechs Theaterleute von Gleis 5 aus.Virtuos begleitete Akkordeonist Goran Kovacevic die Szenen. Und einen wesentlichen Beitrag zum unterhaltsamen Auftritt leistete auch die Puppenspielerin Rahel Wohlgensinger. Ob der geschwätzige Hund Monty die Frivolitäten gerne genauer ausgemalt hätte oder ob es ein elegant gekleideter Hoppelhase mit einer jungen und hübschen Nonne trieb – die herrlich geführten Puppen nahmen den anrüchigen Szenen jede Peinlichkeit und Obszönität.Amüsanter Restart nach langer PauseNach dem Schlussapplaus waren sich alle einig: Der Besuch des Freilicht-Theaterabends hat sich gelohnt. Nach der langen Zeit ohne wesentliche kulturelle Veranstaltungen hat das Kulturforum Berneck einen amüsanten Wiedereinstieg offeriert.Max Pflüger