14.01.2022

Noch keine Strafzinsen für Kunden

Immer mehr Banken wälzen die Negativzinsen auf ihre Kunden ab. Nicht alle Rheintaler Finanzhäuser erheben eine Guthabengebühr, behalten es sich aber vor, ihre Politik bei Bedarf individuell anzupassen.

Von Benjamin Schmid
aktualisiert am 02.11.2022
Vor sieben Jahren führte die Schweizerische Nationalbank (SNB) Negativzinsen ein, um die Aufwertung des Schweizer Frankens einzudämmen. Für Gelder, die Banken nicht angelegt haben, sondern bei der SNB deponiert sind, fallen also Gebühren an. Viele Banken haben bisher darauf verzichtet, diese Gebühren an die Kunden weiterzugeben. Das ändert sich zusehends. Bezahlten bisher vor allem wohlhabende Privatkunden und grosse Firmen Strafzinsen für Guthaben bei der Bank, werden nun immer öfter auch kleine und mittelgrosse Unternehmen zur Kasse gebeten.Jährlich mehrere 100'000 Franken Negativzinsen«Die Alpha Rheintal Bank zahlt jährlich mehrere 100'000 Franken Negativzinsen», sagt Reto Monsch, Vorsitzender der Geschäftsleitung, «auch wir diskutieren die Situation deshalb ständig, sehen jedoch momentan keinen Handlungsbedarf.» Das Finanzinstitut erhebt bisher für bestehende Kunden keine Negativzinsen, nimmt in Einzelfällen aber nur dann Vermögenswerte von Neukunden entgegen, wenn diese bereit sind, eine Guthabengebühr zu bezahlen. Kundinnen und Kunden müssten aktuell nicht mit Negativzinsen rechnen. Je nach Veränderung der Politik der SNB behalte man sich eine Anpassung des Regimes jedoch vor.«Unsere Bank hat bis an-hin auf die Belastung einer Guthabengebühr verzichtet», sagt René Bognar, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Clientis Biene Bank im Rheintal. Das Marktumfeld beobachte man aber permanent. «Sollten wir bemerken, dass unsere derzeitige Positionierung ausgenutzt wird und plötzlich Kapital im grösseren Stil von anderen Banken zu uns fliesst, würden wir bei Bedarf reagieren.» Das Thema sei derzeit bei privaten Kundinnen und Kunden weniger aktuell als bei Firmen oder anderen grösseren Institutionen wie öffentlich-rechtlichen Körperschaften. Sollten sich die Rahmenbedingungen weiter verschärfen, würde die Bank eine allfällige Belastung einer Guthabengebühr individuell mit den betroffenen Kunden ansprechen.«Wir geben unserer Kundschaft die Negativzinsen nicht generell weiter», sagt Adrian Kunz, Sprecher der St. Galler Kantonalbank, «aber wir wollen verhindern, dass wir als günstigen ‹Parkplatz› für sehr hohe Beträge benutzt werden.» Ob Negativzinsen weitergegeben werden, hängt von der Gesamtbeziehung ab, also davon, ob ein Kunde noch andere Geschäfte wie Anlagen oder Kredite mit der Bank teilt. Bevor die SGKB Negativzinsen verrechne, suche sie das Gespräch. Meist finde man gemeinsam eine andere Lösung.Firmenkunden werden zur Kasse gebetenLaut Medienberichten verschärfen sowohl PostFinance wie auch Raiffeisen ihr Regime bei den Negativzinsen für kleinere Firmen. Die PostFinance hat für Privatkundinnen und -kunden schon im vergangenen Mai Negativzinsen eingeführt – für Vermögen über 100'000 Franken werden seither 0,75 Prozent Strafzins fällig. Um die Guthabengebühr zu berechnen, wird jede Kundenbeziehung einzeln betrachtet. Ab Februar müssen Firmen, deren Kontoguthaben den Freibetrag von 250000 Franken übersteigt, ebenfalls 0,75 Prozent Zins bezahlen.Raiffeisen Schweiz empfiehlt den Raiffeisenbanken und Niederlassungen seit Juli 2016 die Verrechnung von Negativzinsen für Firmenkunden. Dies geschah stets im Hinblick auf die Gesamtkundenbeziehung. Die Höhe des Freibetrages und der Negativzinsen wurde individuell festgelegt. Im September 2021 hat Raiffeisen Schweiz ihre Empfehlung konkretisiert und empfiehlt eine Guthabengebühr auf der Grundlage einer individuellen Vereinbarung in der Höhe von 0,75 Prozent, dies bei Firmenkunden mit Konto-Neugeldzuflüssen von mindestens 250'000 Franken in den vergangenen 18 Monaten. Dabei wird empfohlen, vom gesamten Kontovolumen einen Freibetrag von 250'000 Franken, Finanzierungskredite sowie Wertschriftenanlagen abzuziehen.Die neue Empfehlung hängt mit der aktuellen Marktsituation zusammen. Im Zuge von Verschärfungen der Durchsetzung von Negativzinsen anderer Marktteilnehmer seien der Bank in den vergangenen Monaten viele neue Kundengelder zugeflossen.

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