Helmut Lukovnjak, in Hohenems aufgewachsener Österreicher, hat über mehrere Stationen nach Rüthi gefunden, wo er seit sechs Jahren lebt – in einem umgebauten Bauernhaus, einem der ältesten der Gemeinde. Auf den 2400 Quadratmetern Land grasen die Ziegen und Schafe zweier Bauern, um die Bäume, Sträucher und Blumen ums Haus kümmert sich der 49-Jährige mit Freude, denn der Garten ist sein Hobby. Diesen Sommer kam ein weiteres dazu: das Vespafahren.Sowohl die 86- bzw. 83-jährigen Eltern des Ladeninhabers, als auch seine zwei Brüder und zwei Schwestern waren allesamt einmal in der einstigen Stofffabrik in Hohenems angestellt – nur Helmut Lukovnjak nicht. Dem imponierte in jungen Jahren das Tante-Emma-Lädeli im Ort, das zwei alte Damen führten. Bei jedem Besuch gab es ein «Rädli», das heisst, eine dünne Scheibe Wurst, und für die Damen wie den Bub stand fest, dass er einmal die Lehre in dem Laden machen sollte.Zwei «Art Fashion», zwei «Stilecht»-BoutiquenSo hat interessanterweise der enge Bezug der Familie zur Stofffabrik mit der Berufslaufbahn Helmut Lukovnjaks nichts zu tun.
Als er tatsächlich im Lebensmittelgeschäft in die Lehre eintrat, waren die zwei Damen zwar schon pensioniert. Bei ihrem Nachfolger hatten sie sich aber für den Lehrvertrag stark eingesetzt.
Heute betreibt Helmut Lukovnjak mit zehn Mitarbeitenden vier Läden – je einen «Art Fashion» in Altstätten und Widnau, je eine «Stilecht»-Boutique in Altstätten und Rüti ZH. Ausserdem ist er seit vielen Jahren Mitinhaber einer zu dritt betriebenen Modeagentur in Zürich, wo er pro Woche drei Arbeitstage verbringt. Es geht hier um Grosshandel und somit auch um Kontakte, die Helmut Lukovnjak für dessen eigene Läden zum Vorteil gereichen. An drei Tagen ist er jeden Monat in Florenz, um einzukaufen.Bei einer Textilkette schnell aufgestiegenDer Einstieg in die Modebranche erfolgte ein Jahr nach der Lehre recht zufällig. Bei einem Ausflug mit zwei Kolleginnen nach Rorschach sah der junge Einzelhandelskaufmann einen «coolen Kleiderladen», von dem er dachte, dass er etwas für ihn wäre. Also kam er bald darauf erneut vorbei, um auf gut Glück sein Interesse an einer Anstellung zu bekunden. Er hinterliess seine Bewerbung und offenbar einen guten Eindruck. Als nämlich eine Woche später jemand kündigte, kam Helmut Lukovnjak tatsächlich zum Zug.Vier Jahre arbeitete er in dem Laden, der Teil einer Textilkette war. Von hier ging es beruflich steil bergauf: Nach kurzer Zeit als Filialleiter in St. Gallen wurde Helmut Lukovnjak, erst dreissigjährig, sowohl Personalverantwortlicher als auch Einkäufer für alle zwölf Läden seines damaligen Arbeitgebers. Weitere zwei Jahre später stieg Helmut Lukovnjak für einen neuen Eigentümer in den Grosshandel ein: Boutiquebesitzern verkaufte er Kleider.«Herziges Städtli» hat es ihm angetanDas war die Zeit, als er in Altstätten mit seinem «herzigen Städtli» zufällig das leerstehende Ladenlokal an der Marktgasse 10 entdeckte. Einst war hier ein Spielwarenladen untergebracht, dann hatte Swisscom die Räume gemietet. Als Lukovnjak sich ein halbes Jahr darauf erneut im Städtli aufhielt und das Lokal noch immer nicht vergeben war, durchfuhr es ihn: «Das gibt’s doch nicht.» Er sagte sich, dass dies genau sein Laden sei.Nun ging es sehr, sehr schnell. Im September bekam er den Mietvertrag, in der Adventsnacht eröffnete er seinen «Art Fashion». Von morgens früh bis abends spät sei das Geschäft «pumpenvoll» gewesen, «es war sensationell».
Immer alles mit Erspartem finanziertIn nur zwei Monaten hatte der Ladeninhaber alles von Grund auf erarbeitet: Firma gegründet, nächtelang umgebaut, alle Ware eingekauft und angeschrieben und «Gott sei Dank gleich eine Verkäuferin gefunden, eine frühere Angestellte».Finanziert hat Helmut Lukovnjak alles mit Erspartem. Nie im Leben habe er einen Kredit aufgenommen, nie im Leben wolle er das tun. Auch als er seinen ersten Laden hatte, blieb er angestellt, noch sieben Jahre lang. Auch heute ist er kaum in seinen Läden anzutreffen.Könnte er von seinen zwei Altstätter Geschäften gut leben? Ja, sofern er selbst in ihnen tätig wäre, lautet seine Antwort.
Wie er darauf komme, einen dritten Laden in der gleichen Gasse zu eröffnen, einen Marc O’Polo Woman Store. Helmut Lukovnjak lächelt und meint fast entschuldigend: «Ich weiss, es tönt blöd, was jetzt kommt.» In seinem Freundeskreis habe es auch niemand verstanden.Weil das ehemalige Da-Valentino-Ladenlokal so lange niemand haben wollte, habe er sich kurzerhand gesagt: «Ma cha doch nöd e so en Lade eifach leer loo.» Es sei wirklich der ausschlaggebende Punkt gewesen, nebenbei gehe es auch um den Schutz seiner bestehenden Läden, aber sicher nicht um Geld. Das sagt er derart ernst, als wollte er am liebsten schwören. Imponiert habe ihm, dass ein bodenständiger Schreiner, Emil Rechsteiner aus Hinterforst, das Gebäude gekauft und gemeint habe, da lasse sich etwas Cooles machen.
Weil jeder Laden ein bestimmtes Publikum interessiere, kämen mehr Leute ins Städtli, je mehr Läden es gebe, sagt Helmut Lukovnjak, der die Eröffnung eines dritten Marktgassladens selbst verwegen findet, doch die Chefs des grossen Modelabels sind ganz offenkundig seiner Meinung: Bei Marc O’Polo sieht man für Altstätten Potenzial. Auch für den neuen Laden braucht Helmut Lukovnjak keinen Kredit.Die Arbeit ist nie ein MüssenFür ihn sei Arbeit nie ein Müssen, sagt der 49-Jährige. Elf-Stunden-Tage sind ihm recht, er spricht von Leidenschaft und ist auch immer samstags bis kurz nach dem Mittag an der Arbeit. An den Wochenenden ist er gern zu Hause, unter Menschen ist er ja an allen anderen Tagen.Helmut Lukovnjak besucht einmal wöchentlich seine Eltern, liebt chinesisches Essen und Cordon bleu. Er liest gern Fantasyromane, gegenwärtig Texte seiner Nichte.
Seine Kleidung für den nächsten Tag legt er sich konsequent am Abend noch zurecht, denn Kleider, wie man wisse, «machen Leute».
Lange steht er aber nie vor seinem Schrank. Dass seine Auswahl üppig ist, bedeutet keine Qual der Wahl, im Gegenteil: «Ich habe immer schnell das Richtige zur Hand.»