03.01.2019

Nie bleibt alles beim alten

Au Gemeindepräsident Christian Sepin sprach über ein politisch heisses Eisen, ohne es auch nur mit einem Wort zu erwähnen. Sein Trick: Er stellte grundsätzliche Überlegungen an und bediente sich einer Parabel.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Gert BrudererEs geht bei der Geschichte um den Weihnachtsbraten einer Familie. Bevor die Mutter ihn zubereitet, schneidet sie ein Stück Fleisch ab, das sie separat in eine Pfanne legt. Als die Tochter sich nach dem Grund erkundigt, ist die Mutter um eine plausible Antwort verlegen. Ihre Mutter habe das schon so gemacht. Die Nachforschung ergibt, dass der Braten seit Generationen als erstes verkleinert wird. Angefangen damit hatte die Urgrossmutter. Und diese erklärt schliesslich der interessierten Urenkelin, sie habe das so gemacht, weil der ganze Braten für ihre Pfanne zu klein gewesen sei.Vielfalt des Dorfs kam bei der Feier zum AusdruckDie Geschichte verdeutlicht, was der Gemeindepräsident schon zuvor ausgeführt hatte: Es kann sinnvoll sein, bestehende Strukturen und Abläufe zu hinterfragen und allenfalls Veränderungen anzustreben. In besonderem Mass hat sich in der letzten Zeit die Schule aufgrund eines Mehrheitsentscheids an der Bürgerversammlung mit der allfälligen Bildung einer Einheitsgemeinde befassen müssen. Obschon die Einheitsgemeinde sich als Organisationsform vielerorts als richtig erwiesen hat und die Schulen von Heerbrugg und Au längst zusammengehören, ist das Thema hier umstritten.Dass Christian Sepin das Wort Einheitsgemeinde nicht in den Mund nahm, hat gewiss damit zu tun, dass in wichtigen politischen Fragen naturgemäss keine Homogenität herrscht und eine Neujahrsbegrüssung eher nachdenklich stimmen statt der Verbreitung polarisierender Statements dienen soll. Insofern trug der Gemeindepräsident der Vielfalt möglicher Sichtweisen Rechnung und – im weiteren Sinne – der Vielfalt des Dorfes, die durch die Mitwirkung vieler einsatzfreudiger Kräfte zum Ausdruck kam.Der Einwohnerverein Au mit Präsidentin Monika Sieber war ebenso eingespannt wie der namhaft mitorganisierende Gemeinderat Alex Frei; dem Feuerwehrverein Au-Heerbrugg war die Festwirtschaft zu verdanken – und dem Musikverein Konkordia Au jener stimmungsvolle (musikalische) Akzent, der eine solche Feier, wie Monika Sieber richtig bemerkte, halt erst zu einer richtig schönen Feier macht.Bald ist ein Entscheid verlangtWeil nicht allein Gesundheit und Zufriedenheit uns treu bleiben sollen, sondern wir uns auch Erfolg erhoffen, war der Rahmen für die Ehrung erfolgreicher Sportlerinnen und Sportler ideal gewählt.Ausserdem waren während der Neujahrsbegrüssung die Ergebnisse des Fotowettbewerbs der Gemeinde Au ausgestellt, wobei das Fotografieren in Au-Heerbrugg angesichts der sieben Ausgezeichneten eine reine Männersache zu sein scheint.Dafür erinnerte Christian Sepin an den Erfolg vieler Frauen im letzten Jahr, indem er etwa die beiden neuen Bundesrätinnen, die Schweizer Siegerin der Ironman World Championships (Daniela Ryf) oder die seit letztem Sommer in Saudi-Arabien zum Autofahren berechtigten Frauen erwähnte. Ganz so einschneidende Veränderungen wie im fernen Königreich stehen in Au-Heerbrugg zwar nicht bevor, aber auch hier bleibt nicht alles beim alten. Was von erwogenen, vielleicht kommenden oder von unausweichlichen Veränderungen zu halten sei, müsse jeder für sich entscheiden, meinte der Gemeindepräsident.Eine dieser Entscheidungen wird schon am 10. Februar zu treffen sein. Dann stimmen die Auer und Heerbrugger darüber ab, ob sie eine Einheitsgemeinde bilden wollen, ob also die Primarschulgemeinde unters Dach von politisch Au-Heerbrugg kommen solle.Schon an diesem Beispiel zeigt sich, wie recht Sepin hat, wenn er sagt: Vieles lasse sich planen, aber was alles das Jahr wirklich bringe, wüssten wir stets erst im Nachhinein.

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