29.08.2020

Nicht nur Corona forderte ihn

Franz Bach hat mitten in der Coronapandemie die Leitung des kantonalen Gesundheitsamts definitiv übernommen.

Von David Scarano
aktualisiert am 03.11.2022
In aussergewöhnlichen Situationen ist der Informationsbedarf gross. Um gefährliche Lücken zu vermeiden, die Unsicherheiten provozieren könnten, wird in der Krisenkommunikation ein aktives Vorgehen empfohlen. Ausserrhoden hat sich dies in der Coronapandemie zu Herzen genommen und im Vergleich zu anderen Kantonen frühzeitig Medienorientierungen durchgeführt und auf Youtube gestreamt. Vermehrt ins Rampenlicht gerieten dadurch Amtspersonen, die normalerweise die Öffentlichkeit nicht suchen. Zu ihnen gehört der Leiter des kantonalen Amts für Gesundheit, Franz Bach.Im April, also mitten in der Coronakrise, hat der 42-jährige gebürtige Heidler die Leitung offiziell übernommen. Ad Interim führte es der Betriebsökonom bereits seit Oktober. Erst im April 2019 war er als Leiter Abteilung Spitalversorgung zur kantonalen Verwaltung gestossen.Bach musste aber nicht nur eine nie dagewesene, hochkomplexe Pandemie zu meistern helfen. Als neuer Leiter musste er zudem das Amt für Gesundheit stabilisieren und umstrukturieren. Die Neuorganisation ist mittlerweile abgeschlossen. Bach zeigt sich glücklich, die grosse Doppelbelastung gemeinsam mit seinem Team gemeistert zu haben. «Wir haben von den Reserven gezehrt. Aber wir konnten mit der Neuorganisation nicht zuwarten», sagt er.«Wie eine Bombe eingeschlagen»In seinem Büro an der Herisauer Kasernenstrasse wirkt der Vorderländer an diesem Freitag entspannt. Die Lage hat sich im Vergleich zum Frühling merklich beruhigt, als «die Pandemie wie eine Bombe eingeschlagen hatte und der Arbeitsanfall durch die Decke gegangen war», wie Bach sagt. Niemand wusste, wie schlimm die Pandemie tatsächlich sein würde. Die Ansteckungszahlen stiegen exponentiell und Ausserrhoden musste drei Tote beklagen. Zwischenzeitlich ist die Situation weiter herausfordernd, aber um einiges kontrollierter als in der ersten Welle.Der Kanton arbeitete eng mit den nationalen Behörden zusammen, die den Takt vorgaben, nachdem der Bundesrat die Notlage ausgerufen hatte. Bach stellt Bern ein gutes Zeugnis aus. «Angesichts der schwierigen ausserordentlichen Situation haben Landesregierung und Bundesamt für Gesundheit (BAG) eine sehr gute Arbeit gemacht», sagt er. Der Heidler lobt insbesondere die Kommunikation von Berset und Co., welche nie auf Prognosen aufbauten, obschon diese von der Öffentlichkeit gefordert wurde.Mittlerweile hat die Kritik an den Behörden stark zugenommen. Vor allem das BAG stand in den vergangenen Wochen mehrmals wegen falscher Angaben im Gegenwind. Bach bricht eine Lanze für seine Kollegen. Die Fehler seien zwar ärgerlich, das Bundesamt habe aber schnell reagiert und diese korrigiert, sagt er. Zu reden gab in den vergangenen Wochen auch der Beschluss des Bundesrates, das Verbot für Grossveranstaltungen aufzuheben. Auch dafür kassierte er heftige Kritik. Diese teilt Bach nicht ganz. «Grossveranstaltungen sind per se nicht problematisch. In einem Stadion lassen sich beispielsweise Massnahmen strikt umsetzen und kontrollieren», sagt er. Ziel muss sein, dass die Eindämmungsmassnahmen, insbesondere das Contact-Tracing trotz Lockerungen aufrechterhalten werden können. «Daran arbeiten wir täglich», sagt Bach.Die Ansteckungszahlen steigen schweizweit wieder an. Einige Experten schlagen Alarm. Vielen Kantone haben die Massnahmen verschärft. Unter anderem hat der Kanton Zürich die Maskenpflicht für Läden und eine 100-Personen-Grenze für Clubs eingeführt. In diesem Zusammenhang beklagte sich Regierungsrätin Natalie Rickli darüber, dass wenn man jeweils in den Ausgang gehe, könne man meinen, es gebe gar kein Corona mehr.Anstieg der Infektionenauch in AusserrhodenAuch in Ausserrhoden nehmen die Covid-19-Infektionen zu. Stand Montag haben sich im Kanton kumuliert 130 Personen mit dem Coronavirus angesteckt. Das sind 19 mehr als vor 2 Wochen. Bach führt dies vor allem auf Ferienheimkehrer zurück. «Die Entwicklung ist momentan nicht besorgniserregend, wird aber intensiv beobachtet. Die Fallzahlen der letzten beiden Wochen verlaufen zum Glück moderat linear», sagt er. Aktuell werden in der interdepartementalen «Arbeitsgruppe Rebound» verschiedene Massnahmen in Abstimmung mit den Ostschweizer Kantonen diskutiert. Dabei stützt sich der Kanton auch auf sein Rebound-Konzept, falls die Zahlen, wie im Frühling, exponentiell in die Höhe schnellen würden.Dass die Zahlen nun steigen, überrascht aber niemanden. Damit haben die meisten Experten gerechnet. «Solange es keine Impfung gibt, müssen wir lernen, mit dem Virus zu leben», sagt der Amtsleiter. Das geht bei ihm sogar so weit, dass er einen zu massiven Rückgang der Fallzahlen als nicht erstrebenswert betrachtet. Diese Aussage überrascht. Bach erklärt: Grundsätzlich wünsche man sich überhaupt keine Infektionen, aber das sei aktuell nicht zu realisieren. Aber solange die Spitäler nicht überlastet seien, müssten die Behörden die Balance zwischen Freiheit und Einschränkung anstreben. Es geht auch darum, den wirtschaftlichen Schaden zu minimieren. «Sinkt die Kurve zu stark, haben wir zu strenge Massnahmen getroffen. Und das ist nicht um jeden Preis erstrebenswert», sagt er. Prominente ArbeitsstationenDer Leiter des Gesundheitsdepartement hätte in die Fussstapfen seines Vaters treten sollen. Franz Bach absolvierte zunächst eine Lehre zum Möbelschreiner. Doch als es darum ging, den elterlichen Betrieb in Heiden zu übernehmen, lehnte er ab: «Der Druck war mir zu gross. Ich war zu jung.» Er ging nach der Lehre für ein Praktikum in der Hotellerie nach Davos. Nach der kurzzeitigen Rückkehr ins Vorderland wechselte er 2006 ins Hotel Hof Weissbad, wo er erstmals die Welt der Kliniken und Kurhäuser kennen lernte. Insgesamt neun Jahre blieb er dort, die letzten vier als Leiter Finanzen und IT. In dieser Zeit absolvierte er die Ausbildung zum Betriebsökonom FH und verschiedene Managementweiterbildungen. Prominent sind auch die nächsten beruflichen Stationen. Er wechselte als Leiter Klinik und Medizinisches Zentrum ins Grand Hotel Bad Ragaz und danach ebenfalls in leitender Position in den Hotel- und Klinikbetrieb Oberwaid im Osten St. Gallens. Im April 2019 kehrte er ins Appenzellerland zurück, zunächst als Leiter Spitalversorgung im kantonalen Gesundheitsdepartement.

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