23.05.2019

Nicht ganz verhungert, aber fast

«Von unerfüllten Träumen zu unerwarteten Erfolgen»: Sonderausstellung über den Jacob-Rohner- Geschäftsführer Johannes Schneider und seinen Sohn, den Expressionisten Carlos Schneider, im Weisstannental.

Von Jolanda Spirig
aktualisiert am 03.11.2022
Jolanda SpirigZwei längst verstorbenen Rebsteinern widmet das Museum in der Alten Post im Weisstannental eine zweijährige Sonderausstellung. Der eine, Johannes Schneider (1857 – 1944), ist in einfachen Verhältnissen auf einem Bergbauernhof aufgewachsen. Da er im Weisstannental keine Per-spektive für sich sah, wanderte er nach Altstätten aus, machte dort die Sekundarschule und eine Banklehre.Nach Umwegen über die Hotellerie wurde er Jacob Rohners erster Geschäftsführer. Er richtete die Buchführung ein und knüpfte die ersten Verbindungen mit Stickereieinkäufern in Frankreich und England, wie im Jacob-Rohner-Buch «Sticken und Beten» nachzulesen ist.Vater hatte kein Verständnis für seinen SohnZusammen mit Jacob Rohner war Schneider Ende des 19. Jahrhunderts zu Wohlstand gelangt. Er residierte mit seiner Familie an der Staatsstrasse 105 in Rebstein, doch die Dorfbewohner im Weisstannental lagen ihm weiterhin am Herzen.Gab es Schwierigkeiten, half er ihnen mit Briefen an die Behörden weiter. Ein solcher findet sich eingespannt in seine alte Schreibmaschine im Museum. Daneben liegt sein Gebetbuch und die handschriftliche Notiz: «Nach München mitgenommen für Carl: frs 350.-.» Seinem kränklichen Sohn Carlos Schneider (1889 – 1932), der sich in einem kargen Münchner Atelier der Malerei widmete, brachte der Vater wenig Verständnis entgegen, zumal er dort mit einer Schauspielerin zusammenlebte. Er liess ihn nicht ganz verhungern, aber fast. Carlos Schneider kehrte mit 42 todkrank ins Elternhaus zurück, wo er ein Jahr später starb. «Das Rheintal hat seinen grössten Maler verloren, ohne ihn gekannt zu haben», stellte damals eine St. Galler Zeitung fest. Es sollte fünf Jahre dauern, bis der Vater für seinen Sohn einen Nachruf verfasste.Lehrer Osterwalder sammelte Schneiders WerkeZeit gelassen hatte sich auch die Münchner Kunstszene. Sie wurde erst 1930 auf Schneiders expressionistische Bilder aufmerksam. In der Schweiz dauerte es noch länger. Der Altstätter Lehrer Ernst Osterwalder sammelte seine Werke und initiierte 1938 eine Gedächtnisausstellung im Kunstmuseum St. Gallen.In Rebstein waren die Bilder letztmals 1990 zu sehen. Nun zeigt das Museum in der Alten Post im Weisstannental eine repräsentative Auswahl an Originalen und Fotografien. Hörstationen und eine Diashow ergänzen die Sonderausstellung im gepflegten Museum, das noch viele weitere Überraschungen bereit hält. Kontakt: 077 405 32 07 oder 041 495 13 63. Weitere Informationen: www.post-ab.ch . (pd)

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