16.03.2021

Nicht für jeden passt das Testregime

Die Reaktionen auf das Angebot von Gratis-Massentests in Betrieben fallen bei Rheintaler Unternehmen unterschiedlich aus.

Von Andrea C. Plüss
aktualisiert am 03.11.2022
Andrea C. PlüssManche Firmen erhielten die Informationen zu den geplanten betriebsinternen Massentestungen bereits am Freitag, andere Unternehmen erreichte das Angebot erst am Montagmorgen. Betriebe, die weder Mitglied der IHK St. Gallen-Appenzell noch des kantonalen Gewerbeverbands sind, erfuhren davon allenfalls durch die Medien.Viel Zeit, sich mit dem Für und Wider der in Aussicht gestellten Gratistests im Betrieb auseinanderzusetzen, blieb den Firmen ohnehin nicht. Das Kantonsarztamt bat um «verbindliche Anmeldung» bis gestern Dienstag. Für interessierte Firmen gilt es vor allem, einige Hürden zu meistern. Die Mindestzahl der Mitarbeiter liegt bei 20; kleinere Firmen könnten sich zusammenschliessen, heisst es im Schreiben des Kantonsarztamtes. Personal muss geschult und bereitgestellt werden. Zudem sollten 80 % der Belegschaft bereit sein, sich über einen Zeitraum von zwölf Wochen regelmässig im Betrieb testen zu lassen.Vieles bei der Durchführung ist noch unklar Die Vorgaben hielten Alexander Gapp, CEO der Plaston AG, nicht davon ab, das Unternehmen für die betriebsinternen Tests anzumelden. «Wir begrüssen das Angebot und stehen voll hinter dieser Entscheidung», sagt Gapp. Regelmässiges Testen sei eine gute Übergangslösung, bis genug Schutz durch Impfungen vorliege. Bei der Plaston AG soll die ganze Belegschaft getestet werden. Vorausgesetzt natürlich, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stimmen dem zu. «Wir werden eine starke Empfehlung (für die Testteilnahme) abgeben, aber niemanden zwingen», sagt Gapp.Auch die SFS Group hat sich für die Betriebstestungen angemeldet. «Intensives Testen kann einen wichtigen Beitrag bei der Bewältigung der Pandemie leisten», gibt Unternehmenssprecher Claude Stadler die Auffassung der SFS Group wieder. Prioritär sollen Mitarbeitende getestet werden, «die aufgrund ihrer Arbeit im Betrieb präsent sind», sagt Stadler. Er rechnet mit einem «erheblichen Aufwand» durch die Betriebstestungen. Es gelte eine interne Organisation aufzubauen. Viele Aspekte seien aber noch unklar. Die Greiner Packaging AG in Diepoldsau konnte das kantonale Konzept hingegen nicht überzeugen. Es «erscheint uns nicht praktikabel», teilt Managing Director Tobias Strasser auf Anfrage mit. Das eigene Sicherheitskonzept funktioniere gut. Die Test-bereitschaft von 80 bis 90 % erachtet das Unternehmen als «unrealistisch». Grundsätzlich befürworte man betriebliche Massentests, so Strasser, allerdings überzeuge das Pooling-Testen nicht.Bei diesem Testverfahren werden jeweils zehn Speichelproben von Mitarbeitenden zusammengefügt und gemeinsam getestet. Sollte ein positiver Befund in einer Zehnergruppe auftreten, werden weitere Tests durchgeführt und allenfalls Quarantänemassnahmen ausgesprochen.Umgang mit späteren Anmeldungen ist unklar Noch keine Entscheidung ist bei der Widnauer Berhalter AG gefallen, wie Inhaber Patrick Berhalter mitteilt. Ob eine Firma später noch auf den betrieblichen Testzug aufspringen kann, ist nicht klar. Die IHK St. Gallen-Appenzell fasst die Aufforderung eher als «Voranmeldung» auf. Das Anmeldeformular bliebe über die Frist vom 16. März hinaus online, so Jan Riss von der IHK St. Gallen-Appenzell. Diese hält die Einrichtung eines offiziellen Anmeldeportals des Kantons in nächster Zeit für wahrscheinlich. Das Kantonsarztamt geht davon aus, «dass die Betriebstestungen in zirka zehn bis 14 Tagen starten können», teilt Fabienne Frei, Stellvertreterin des Generalsekretärs im Gesundheitsdepartement, auf Anfrage mit. Wolle man über Wochen testen, sei «eine strikte Logistik und eine sorgfältige Planung der Laborkapazitäten» unabdingbar. Auf Basis der bis zum 16. März eingegangenen Anmeldungen für die Betriebstestungen werde die Planung erstellt. «Fortlaufende Nachmeldungen sind dann schwer ins System aufzunehmen», teilt Frei mit.Kleinstfirmen mit anderen PrioritätenWie geht der Kanton mit Anmeldungen von Betrieben um, die weniger als 20 Mitarbeiter haben? Solche Kleinfirmen würden nicht vom Angebot ausgeschlossen, heisst es aus dem Gesundheitsdepartement. Jedoch sind diese Firmen aufgefordert, sich mit anderen Unternehmen am gleichen Ort zusammenzuschliessen. Denn aus logistischen Gründen sei es nicht möglich, jede kleine Firma anzufahren. Bei fast 89 % der 2018 im Rheintal registrierten Firmen liegt die Zahl der Beschäftigten unter zehn Personen. Ihnen wären Gratis-Betriebstestungen nur unter erschwerten Bedingungen möglich.Treibt sie das um? Mehr Tests, zudem gratis, seien sicher gut, sagt Marc Lüchinger, der Präsident des Gewerbe- und Industrievereins Altstätten (Giva). Der Aufwand für Kleinbetriebe sei jedoch «riesig», eine Koordination der Betriebstestungen mit anderen Firmen erachtet Lüchinger als schwierig. An der Giva-Vorstandssitzung von letzter Woche sei ein Testregime kein Thema gewesen.«Wir haben über Härtefallregelungen gesprochen für Mitgliedfirmen, die besonders stark von Verdienstausfällen betroffen sind», so der Giva-Präsident. Bis gestern habe ihn keine Anfrage zum kantonalen Testangebot erreicht, versichert Lüchinger. «Die Betriebe, bei denen es läuft, haben gar keine Kapazitäten, sich um eine Betriebstestung zu kümmern», sagt Lüchinger. Ihnen bleibt zumindest die Möglichkeit eines privaten Gratistests.

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