14.04.2018

Neun Jahre Haft für gewalttätigen Lokalbetreiber

Er drohte, schoss und schlug: Ein Flawiler Lokalbetreiber musste sich vor dem Kreisgericht Wil verantworten, unter anderem wegen versuchter Tötung, Nötigung und Drohung. Er sitzt bereits im Gefängnis.

Der Beschuldigte S. wird von einem halben Dutzend Polizisten begleitet. Er hat kurze Haare, dunkle Augenringe, trägt ein lila Hemd und kunstvoll zerstörte Jeans. Seit Februar 2017 ist er in Haft. Das hat unter anderem mit dem Revolver zu tun, der auf dem Tisch der Staatsanwältin liegt.Vor sechs Jahren kam der 36-jährige Italiener und gebürtige Mazedonier in die Schweiz, später folgten Frau und Kinder. Er lebte in Uzwil, betrieb in Flawil ein Lokal. Dort trank er an einem späten Januarabend 2017 mit Gästen, war guter Stimmung. Bis er sieht, dass seine Serviceangestellte A. und ein Gast flirteten. Er schickt die Frau heim, sie läuft los Richtung Degersheim. Gast T. nimmt sie nach einer Weile mit und fährt sie in die Personalwohnung. A. will in der Nacht noch kündigen, ruft deswegen S. an. Dieser lässt sich jetzt auch nach Degersheim chauffieren.Dort habe S. das Paar mit vorgehaltenem Revolver gezwungen, wieder ins Auto zu steigen und loszufahren. S. setzte sich auf den Rücksitz und habe A. mit dem Revolvergriff ins Gesicht geschlagen, bevor er die Waffe T. in den Nacken drückte. Zweimal habe er den Abzug der geladenen Waffe gezogen, doch erst beim dritten Mal löste sich ein Schuss, durchs Autodach. Dass T. noch lebe, sei der Funktionsstörung des Revolvers zu verdanken, sagt die Staatsanwältin. S. hingegen sagt zu fast jedem Vorwurf «Stimmt nicht», «Unmöglich». Wieder in Flawil, habe er A. in eine andere Wohnung mitgenommen und sie gezwungen, sich nackt auf ein Bett zu legen. Er habe Patronen in den Revolver gefüllt, diesen auf A. gerichtet und wieder und wieder den Abzug betätigt. «Ein sadistisches russisches Roulette», sagt die Staatsanwältin. A. wusste nicht, dass die Hülsen leer waren. Den Revolver habe S. oft dabeigehabt, unterwegs und in seinem Club. Auch habe er sie mehrfach auf J. gerichtet, einen früheren Kollegen, dem er im Februar 2017 über 40 Drohnachrichten schrieb. Darunter immer wieder «Ich werde dich töten», J. ging zur Polizei. Hintergrund: Drogen, Diebstahl, Gegendrohungen. J. erzählt von seiner Angst, dass er heute täglich 22 Medikamente nehmen müsse und erwerbsunfähig sei.Die Staatsanwältin nennt die Vorfälle «schwere Kost mitten im beschaulichen Flawil». Rund um das Lokal sei eine Parallelgesellschaft entstanden, die sich verhielt, als gebe es einen rechtsfreien Raum. S. neige zur Übertreibung, sagt sein Verteidiger, was viele seiner Aussagen und die mutmasslichen Drohungen relativiere.Die Anklage lautet auf versuchte vorsätzliche Tötung, Gefährdung des Lebens, Körperverletzung, mehrfache Nötigung, Drohung und Beschimpfung und mehrfaches Vergehen gegen das Waffengesetz. Ausserdem auf Beschäftigung von mindestens sieben Ausländerinnen ohne Bewilligung und der Förderung deren illegalen Aufenthalts sowie einer Sachbeschädigung im Gefängnis. Die Staatsanwaltschaft fordert 13 Jahre Freiheitsstrafe, eine Geldstrafe von 1800 Franken, 500 Franken Busse und eine Landesverweisung für 15 Jahre. Der Verteidiger plädiert nur für die Verstösse gegen das Ausländergesetz und die Sachbeschädigung auf schuldig, die übrigen Vorwürfe seien haltlos.Das Urteil wurde gestern eröffnet. Das Kreisgericht hat S. in einem Fall vom Vorwurf der Nötigung und der illegalen Beschäftigung von Ausländerinnen sowie mehrfach von der Drohung und der Widerhandlung gegen das Waffengesetz freigesprochen. In allen anderen Fällen ist er schuldig gesprochen. Er wurde zu neun Jahren Freiheitsstrafe, einer Geldstrafe von 2700 Franken, einer Busse von 500 Franken verurteilt und muss J. 5000 Franken Genugtuung bezahlen. Nach Verbüssung der Strafe wird er 15 Jahre des Landes verwiesen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.Sina Bühler

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