Maria sitzt auf dem Esel. Josef begleitet seine schwangere Frau. Er ist zu Fuss unterwegs und hält Ausschau nach einer Bleibe für seine Familie. Ein Wirt sieht die Reisenden und lässt sie stehen. Eine Unterkunft gewährt er nicht.Unter dem Titel Herbergssuche ist die Szene aus der Weihnachtsgeschichte bekannt. Sie ist dieser Tage in der Josefkirche zu sehen. Der biblische Schauplatz ist vor dem rechten Seitenaltar dargestellt mit in Holz geschnitzten und mit Stoffkleidern angelegten Figuren.Die Krippenfiguren sind neu und am Samstag in Widnau eingetroffen. Aus Südtirol. Dort hat sie ein Holzschnitzer in Handarbeit gefertigt.Die Reise war für die Holzfiguren weniger beschwerlich als für seine biblischen Vorbilder. Sie haben den Zoll ohne Schwierigkeiten passiert und eine neue Heimat in der Pfarrei St. Jakobus gefunden.Ein falscher Massstab und eine ZuwendungEs liegt acht Jahre zurück, dass die Widnauer Katholiken eine neue Kirchenkrippe bekommen haben. Damals baute der Krippenverein Lustenau für die Heilige Familie eine Herberge im orientalischen Stil. Die vorhandenen Krippenfiguren waren ein Kompromiss, sie passten in Grösse und Stil nicht dazu.Im November 2018 war Pfarrer Lorenz Wüst gestorben. Er hinterliess der Kirchgemeinde einen ansehnlichen Geldbetrag. «Lorenz Wüst war ein volksverbundener Priester und pflegte die Volksfrömmigkeit», sagt Christof Köppel, Präsident des Kirchenverwaltungsrates. «Das vermachte Geld wollten wir sichtbar und für alle Besucher der Kirche einsetzen.»Unter der Leitung von Kaplan Georg Changeth befasste sich eine Projektgruppe mit der Beschaffung neuer Krippenfiguren. «In Holz passen sie sehr gut in die Barockkirche», sagt der Priester über die mehr als einen Meter hohen Figuren. «Sie haben schöne Gesichter, eine klare Gestik und stellen die Weihnachtsgeschichte gut verständlich dar.»Vorbild für die szenische Darstellung der Geburt Jesu ist dem Kaplan der Heilige Franziskus. Als Jugendlicher liess er sich von den Schriften des Mannes aus Assisi inspirieren und beschloss, Theologie zu studieren.Im Jahr 1223 hatte Franziskus in den Bergen Umbriens die erste Krippe aufgestellt – mit lebenden Tieren. Er wollte jenen Menschen, die nicht vermochten, die Bibel zu lesen, das Evangelium bildlich näher bringen. Heute sei es vor allem für Kinder schön, eine Krippe anzuschauen, sagt Georg Changeth, «sie können die Botschaft sinnlich nachvollziehen.»Georg Changeth betrachtet die Krippe als ein äusseres Zeichen: «Wir müssen sie nicht nur ansehen, sondern sie in uns wirken lassen und im Herzen Platz für Jesus bereiten», sagt er.Rituelle Krippenlegung in der ChristmetteDie Szene der Herbergssuche zeigt nur einen Teil. In der Christmette in der Heiligen Nacht offenbart sich den Gottesdienstbesuchern der ganze Umfang der neuen Errungenschaft. Im Gottesdienst wird das Kind in einem Ritual in die Krippe gelegt und die Geburtsszene vollendet. Ein Dromedar und die Heiligen Drei Könige werden im hinteren Teil der Kirche aufgestellt sein. Diese Darstellung zeigt den Weg, den die drei Weisen aus dem Morgenland zurücklegen, bevor sie am Fest Epiphanie das Kind in der Krippe anbeten. Die Hirten hat die Kirchgemeinde jetzt nicht neu kaufen müssen. Die vorhandenen Figuren passten im Massstab zur Krippe und werden weiter verwendet.Christof Köppel erfreut sich daran, dass Georg Changeth einen Draht zu den Menschen in Pfarrei sucht. Die neuen Krippenfiguren mögen dazu beitragen, die Weihnachtsbotschaft nachzuvollziehen. «Am Schluss meiner Amtszeit ist es mir eine grosse Befriedigung, eine Krippe mit passenden Figuren in der Kirche zu wissen», sagt er. Der Verwaltungsrat trage gern die zweite Hälfte der Kosten.Christof Köppel und Georg Changeth lenken den Blick auf die Deckenfresken über dem Chorraum. Dort sind die Flucht nach Ägypten, die Darstellung des Herrn und der Zimmermann in seiner Werkstatt dargestellt. Die Krippenszene findet hier ihre Fortsetzung. «Es ist eben die Josefskirche», sagt Christof Köppel.