26.01.2022

Nein aus Bern zu Sonnenberg-Plan

Zwei eidgenössische Kommissionen halten fest, der Sondernutzungsplan Sonnenberg laufe Schutzzielen zuwider.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 02.11.2022
Die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission sowie die Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege begrüssen zwar die Absicht der Planenden und der Gemeinde Balgach, die heutige, flächendeckend ausgeschiedene Wohnzone W2a durch eine neue Nutzungsplanung zu ersetzen, die den besonderen Ansprüchen der Schlosslandschaft Rechnung trägt. Die beiden Kommissionen kommen in ihrem Gutachten aber zum Schluss, der vorgesehene Sondernutzungsplan führe «zu einer schweren Beeinträchtigung der Schutzziele des ISOS». Mit ISOS ist das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung gemeint.Die eidgenössischen Kommissionen hatten den «Sondernutzungsplan Sonnenberg» im April des letzten Jahres von der kantonalen Denkmalpflege zur Begutachtung vorgelegt bekommen.Gemeinde fand, der Weiler behalte seinen CharakterAn einem Informationsanlass vor fünf Jahren hatte die Balgacher Gemeindepräsidentin Silvia Troxler gemeint, man wolle das Bauen am Sonnenberg nicht verhindern, sondern zusammen mit dem Kanton festlegen, welche generellen Regeln künftig gelten sollen. Es gehe darum, die parkartige Landschaft um das Schloss, das Ortsbild und den Charakter des gewachsenen Weilers am Sonnenberg zu erhalten.Genau dies gelinge dem Sondernutzungsplan aber nicht, befanden die Gegnerinnen und Gegner einer Sonnenberg-Bebauung mit kubischen Gebäuden. Einer der Anwohner schrieb in einem Exposé, gestützt auf einen Brief des Bundesamtes für Kultur: Geschützt seien nicht nur die Reb- und Wieshänge vor Schloss und Villa, sondern auch jene des Sonnenbergs im Hintergrund sowie die dazwischen liegenden Freiräume.Die Gegnerinnen und Gegner der geplanten Sonnenberg-Bebauung stellten sich im Wesentlichen auf den Standpunkt, in der bisherigen Planung sei dem ISOS nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt worden. Vielmehr werde missachtet, dass die Heerbrugger Schlosslandschaft im kantonalen Richtplan als schützenswertes Ortsbild von nationaler Bedeutung aufgeführt sei.Gegnerschaft bekommt RechtVon den genannten Kommissionen bekommt die Gegnerschaft Recht. Das Gutachten äussert sich zu jedem der fünf Baustandorte im Plangebiet (wo je ein Solitärbau entstehen soll). Einer dieser Standorte ist der Spickel zwischen dem Tennisplatz und dem westlich gelegenen Wald.Eine Bebauung, wie der Sondernutzungsplan sie ermöglichte, «würde einen Teil des Wieslands und mit Hochstammkulturen bestandenen Kulturlandes in der Landschaftskammer Sonnenberg unwiederbringlich zerstören und eine bedeutende ortsbildgliedernde Grünfläche weiter zerstückeln», heisst es im Gutachten.«Schutzziele schwer beeinträchtigt»Die Kommissionen erachten dies als «schwere Beeinträchtigung im Hinblick auf die Schutzziele» – speziell in Bezug auf die Erhaltung der Sichtachsen und Sichtbezüge sowie die Erhaltung des flacheren Wieslandes als Ortsbildvorder- oder -hintergrund. Auch für die anderen Baustandorte auf dem Sonnenberg werden teils schwere Beeinträchtigungen der Schutzziele ausgemacht. Die von den beiden eidgenössischen Kommis-sionen für den Sonnenberg beschriebenen Schutzziele verlangen eine «ungeschmälerte Erhaltung der historischen Bauten und Gärten in ihrer Substanz und ihrer Wirkung in ihrem kulturlandschaftlichen Kontext, die ungeschmälerte Erhaltung der Sichtachsen auf die prägenden Bauten und ihre Sichtbezüge zueinander» sowie die «ungeschmälerte Erhaltung des flacheren Wieslands als wichtigem Ortsbildvordergrund bzw. -hintergrund».Mit Sichtachse ist eine gedachte Linie gemeint, die der Sicht eines Betrachters besonders auf Gebäude oder Räume entspricht.Auch die historischen Rebhalden als verbindendes Landschaftselement und charakteristischer Ortsbildhintergrund von Balgach und der Schlossanlage seien «ungeschmälert» zu erhalten, heisst es im Gutachten. Allfällige Konsequenzen aus dem Gutachten müssten unter Einbezug der Parteien geprüft werden, beantwortet Balgachs Gemeindepräsidentin Silvia Troxler die Frage nach dem weiteren Vorgehen. Über dieses habe der Gemeinderat zu befinden. Da es sich um ein laufendes Verfahren handle, seien aktuell keine weiteren Ausführungen möglich. Allerdings blieb das am Dienstag um 16.06 Uhr ins Balgacher Gemeindehaus geschickte Mail nicht ohne Wirkung: Um 18.21 Uhr kam eine Medienmitteilung zurück. Das Gutachten der beiden eidgenössischen Kommissionen datiert vom 27. Oktober 2021 und liegt der Redaktion seit diesem Dienstag vor.

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.