26.07.2022

Neben der Fabrik stand ein Mädchenheim

Einst gab es in Widnau die zwei grossen Stickereien von Jacob Rohner und Julius Brunke.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 02.11.2022
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war in Widnau vom Bau einer Stickereifabrik durch Jacob Rohner (1852 – 1926) die Rede. Der (damals mit dem Ortsverwaltungsrat identische) Gemeinderat sicherte Rohner die Unterstützung zu, die im Kauf der nötigen Bauparzelle durch die Gemeinde bestand.Jakob Rohner beteiligte sich freiwillig mit 2000 Franken an den Kosten, den grösseren Teil von 3644 Franken übernahmen die politische Gemeinde (zwei Drittel) und die Ortsgemeinde.Sogar Niederlassung in New York1898 wurde die Fabrik mit 60 Schifflistickmaschinen eröffnet. Bereits seit einem Jahrzehnt hatte Rohner zu diesem Zeitpunkt eine Handelsniederlassung in New York; der Export von Stickereien war sehr lukrativ. In den besten Jahren waren in Widnau 250 Mitarbeitende an 100 Maschinen beschäftigt. Das Personal stammte grossteils aus dem Dorf.Ausser in Widnau gab es Schifflistickfabriken Jacob Rohners in Rebstein (ab 1893), Buttikon (ab 1896) und Lüchingen (ab 1911/12). Das Unternehmen wurde 1911 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, die Jacob Rohner AG. Von 1898 bis 1921 war Rohner, ein Mitinitiant der Rheintalischen Strassenbahn, Mitglied des Kantonsrats.1988 wurde die Produktion eingestelltGegenüber der Widnauer Fabrik liess der aus Rebstein stammende Unternehmer zwischen 1900 und 1912 ein Mädchenheim bauen. In ihm lebten grösstenteils alleinstehende, junge Italienerinnen unter der Obhut von Ordensschwestern. Das Mädchenheim wurde 1932 verkauft, es wurde zum «Missionshaus der weissen Väter». Während der Kriegsjahre musste das Wid­nauer Werk für einige Jahre geschlossen werden. Die Optik Heerbrugg sowie das Militär boten den Mitarbeitenden für diese Zeit eine neue Stelle.[caption_left: Das Stickerheim Rohner steht beim Parkplatz von Migros und Rhydorf an der Naglerstrasse.]1979 war die ganze Produktion der Jacob Rohner AG in Widnau zentralisiert; 130 Personen waren im Zweischichtbetrieb tätig. 1988 wurde die Produktion eingestellt. Das Gebäude stand bis zum Verkauf an SFS im Jahr 1993 leer, Ende September 1994 wurde das Einkaufscenter Rhyland eröffnet. SFS verkaufte die Liegenschaft 2012 der Firma Hümpeler AG.Auch Brunke stellte Stickereien herMit dem Betrieb Julius Brunkes (1844 – 1927) war zeitweise eine weitere grössere Stickerei in Widnau ansässig. Brunke begann 1879 mit sechs Stickmaschinen in Diepoldsau (wo er als Gemeinderat wirkte), erweiterte den Betrieb sukzessive und errichtete 1905 in Widnau seinen Zweigbetrieb.Fünf Jahre später wurde er in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, ehe Brunke seine Anteile 1913 verkaufte und sich nach Berneck zurückzog. 1926 wurde die Firma liquidiert.Quellen: Archiv «Der Rheinta­-ler»; Historisches Lexikon der Schweiz; Otto Frei: Widnau – Geschichte und Gegenwart.

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