04.09.2020

Naturschützer fordern Umdenken

Bei der Ortsplanung und der Gestaltung des Baureglements sollen Fehler aus der Vergangenheit korrigiert werden.

In allen Rheintaler Gemeinden werden derzeit ergänzend zum Planungs- und Baugesetz des Kantons St. Gallen lokale Entwicklungskonzepte und Baureglemente entworfen. Diese sind wegweisend für die zukünfti-ge Entwicklung der Region. Die lokalen Naturschutzorganisationen sehen das gemäss einer Medienmitteilung als «grosse Chance, um vieles zu korrigieren, was in den letzten Jahren im Bereich Natur- und Umweltschutz falsch gelaufen ist oder versäumt wurde». Deshalb haben sich unter der Leitung von Tobias Schmidheini vom Verein Balger Natur erstmals Vereine, Gruppierungen und einzelne Vertreter zusammengeschlossen, die sich zwischen Thal und Rüthi für die Anliegen rund um die Natur einsetzen. Gemeinsam erarbeiteten sie ein achtseitiges Dossier mit Richtlinien und Vorschlägen, das sie in dieser Woche allen Rheintaler Gemeinderäten zukommen liessen – mit dem Appell, die Inputs bei den Ortsplanungen zu berücksichtigen. Im Dossier, das auch dieser Zeitung vorliegt, kommt zum Ausdruck, dass angesichts der Biodiversitäts- und Klimakrise grosser Handlungsbedarf bestehe: Heisse Kiesdächer, sterile Steingärten, Kunstrasen, immer weniger grosse Bäume im Dorf, asphaltierte Parkplätze, Tierfallen, Neophyten etc. werden den Gemeinden nach Meinung der Naturschützer zunehmend Probleme bereiten: Ökologische Verarmung, Aufheizung der Siedlungen und Überschwemmungen durch Flutregen. Das Insektensterben wird auch die Landwirtschaft betreffen. Die Rheintaler Naturschutzvertreter fordern deshalb ein Umdenken. Das brauche Mut, werde aber für die kommenden Generationen von grossem Nutzen sein.Tipps zur Umsetzung im UmweltdossierDie Biodiversität, also die Vielfalt von Lebensräumen, Arten und Genen sowie ihr Zusammenspiel ist für die Natur und für uns Menschen wichtig, weil sie die Erde zu einem bewohnbaren Ort macht.Doch auch im Rheintal sei die Biodiversität gefährdet. Sie soll laut Studien von Biologen sogar schlechter sein als in grossen Städten wie Zürich. Das dürfe nicht sein, schreiben die Naturschutzvertreter und liefern in ihrem Dossier viele zum Teil einfach umsetzbare Möglichkeiten und Ideen, wie für Pflanzen, Tiere und Menschen eine stimmige Balance zwischen landschaftlichen, kulturellen und ökologischen Funktionen geschaffen werden kann. Tipps zur Umsetzung werden gleich mitgeliefert.Im Weiteren fordern die Naturschutzvertreter Gärtner, Dachdecker, Architekten, Bauherren und Bauamtsmitarbeiter dazu auf, ökologischer zu handeln: Kirschlorbeer, Thuja, Sommerflieder und viele andere exotische Pflanzen sollen nicht mehr gekauft, verkauft respektive angepflanzt werden. Denn sie bieten Insekten keine Nahrung und versamen sich teilweise unkontrolliert. Ausserdem gibt es eine Vielfalt an einheimischen Pflanzen, die im Garten die gleiche Funktion wie die Exoten übernehmen können. Steingärten sollen verbannt und Flachdächer nicht mehr bekiest, sondern mindestens extensiv begrünt werden. Dann können sie gleichzeitig genug Wasser speichern und das Eindringen von Hitze ins Gebäude verhindern. Vorplätze und Abstellplätze gelte es wasserdurchlässig zu gestalten, damit das Wasser bei starkem Regen zurückgehalten wird. Zudem soll die nach wie vor übermässige Beleuchtung nachts reduziert werden, weil sie u. a. die Fledermauspopulationen dezimiert. Bei Neu- oder Umbauten soll darauf geachtet werden, dass Tierunterschlüpfe (für Fledermäuse, Mauerseg-ler, Schwalben etc.) nicht zerstört respektive solche geschaffen werden.«Exempel in Sachen Biodiversitätsförderung»Die Rheintaler Naturschutzvertreter betonen, dass sie von den Gemeinden erwarten, dass ihre Forderungen ernst genommen und in die Entwicklungskonzepte und Baureglemente einfliessen werden. Es sei Zeit, zu handeln, denn die Klimapolitik und Biodiversitätsförderung beginne lokal und vor der eigenen Haustür. Ausserdem sei das Rheintal bekannt für die Innovationskraft seiner Bevölkerung und ernte dafür auch oftmals Lob. «Jetzt haben wir die Möglichkeit, gemeindeübergreifend ein Exempel in Sachen Biodiversitätsförderung zu statuieren – diese Chance gilt es zu nutzen», schliessen die Naturfreunde. (pd/red)

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