«Eine 100-jährige Buche hat rund 600 000 Blätter mit einer Oberfläche von 1500 m2, die jährlich sechs Tonnen CO2 und eine Tonne Feinstaub aufnehmen. Der Baum gibt 4,5 Tonnen Sauerstoff ab und erzeugt täglich bis zu 400 Liter Wasser, das im Sommer kühlt», sagte Thomas Oesch, Kulturingenieur bei der OePlan in Altstätten, an einem Anlass «Siedlungsbäume im Fokus», zu dem der Verein St. Galler Rheintal im Rahmen seiner Veranstaltungsreihe «Grünes Band» an die Rhema eingeladen hatte. Oesch weiter: «Um eine solche Buche zu ersetzen, müsste man rund 2000 Bäume mit einer Krone von eineinhalb Kubikmetern setzen, was Kosten von über 150 000 Franken verursachen würde.»
Bei uns gibt es nur wenige alte Bäume
«Wir reden bei 100-jährigen Bäumen von alt, weil es bei uns kaum ältere gibt, obwohl Fichten, Eichen, Linden, Eiben und Buchen dann, verglichen mit dem Alter von Menschen, gerade mal in der Pubertät sind», sagte Res Ramsauer, Baumpflegespezialist der Baumwelt AG, Herisau. Fakten, die zeigen, dass mit alten, gross gewachsenen Bäumen sorgsam umgegangen werden sollte. Allzu schnell würden Bäume heute viel zu stark geschnitten oder gleich gefällt. Wenn man bedenke, wie lange es brauche, bis gleichwertiger Ersatz nachgewachsen sei, lohne es sich, eine Beurteilung vom Fachmann einzuholen, sagte Ramsauer.
In den Städten habe sich die Erkenntnis inzwischen durchgesetzt, dass Bäume das wirksamste Hilfsmittel sind, um die Temperaturen zu senken. «Bei uns auf dem Land, im Rheintal, fehlt dieses Verständnis aber noch weitgehend», sagte Jürg Sonderegger von der Naturschutzgruppe Diepoldsau am anschliessenden Podium. Dabei sei es auch in den Zentren der Dörfer oder zumindest an den Siedlungsrändern wichtig, genügend Platz für Bäume zu schaffen, die dann auch entsprechend gross wachsen könnten.
Es bringt temperaturmässig im Dorfkern nichts, wenn man stattdessen die Bäume einen Kilometer weiter weg in der freien Natur pflanzt.
Was heutzutage – auch finanziell und bautechnisch – unternommen wird, damit Bäume selbst in der Stadt ein starkes Wurzelwerk und dadurch auch eine grosse und wirksame Krone bilden können, zeigte Adrian Stolz, Leiter Stadtgrün St. Gallen, auf.
Klimaveränderung dürfte immens sein
Beträgt die Überhitzung in Städten tagsüber bis zu vier Grad Celsius, können es nachts bis zu zehn Grad sein. Allgemein stieg die Temperatur bis jetzt um rund 1,5 Grad an. Werde nichts unternommen, gehe man in den nächsten Jahrzehnten von einem Anstieg von über vier Grad Celsius aus. Stolz zeigte eine Landkarte aus der letzten Eiszeit: Gerade mal der Gäbris und das Säntismassiv schauten aus dem Eis heraus, das Rheintal lag rund 400 Meter unter einer Eisdecke. Die Durchschnittstemperaturen lagen gerade mal vier bis acht Grad Celsius unter dem Durchschnitt von heute. Damit die Temperaturen nun nicht auf die andere Seite ausbrechen, lohne es sich also allemal, «natürliche Klimaanlagen» zu fördern.
Die Rhema-Sonderschau vereint
An der Informations- und Austauschveranstaltung wurde den Behördenmitgliedern, Planern und Baumspezialisten auch die Sonderschau «NaturErlebenRheintal» vorgestellt, die sich in die vier Bereiche Feld, Wald, Wasser und Siedlung aufteilt. Auf den 500 detailreich gestalteten Quadratmetern wird in jedem Bereich ein lebendiges, artenreiches Beispiel einem trostlosen, naturarmen gegenübergestellt. Um das Verständnis für Biodiversität zu fördern, arbeiteten für diese Sonderschau unterschiedlichste Institutionen über Jahre zusammen, geeint in einem Organisationskomitee aus zehn Mitgliedern. Auch wenn die Vertretenden ihrer Sparten nicht immer gleicher Meinung sind, sind sie sich doch einig, dass die Bevölkerung für Naturthemen dringend sensibilisiert werden muss.