11.04.2018

Nahe den Wurzeln der Menschheit

Jedes Volk hat seine eigenen traditionellen Lieder und Tänze. Am Dienstag stellte im Chunrat, Haus der Musik, eine Volkstumsgruppe vom indonesischen Inselteil Papua die archaische Kultur der Kamoro vor.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Trommeln, begleitet von einem monoton anmutenden Singsang, der schliesslich in ein kollektives «Hooh!» mündet, dazu tanzen dunkelhäutige Männer mit Baströcken und gefiedertem Arm- und Haarschmuck. Volksmusik ist eben mehr als Ländler und Trachtentanz!Wie ein Besuch aus der SteinzeitDie Folkloredarbietungen, die am Dienstag im Chunrat, Haus der Musik, aufgeführt wurden, waren archaisch, urtümlich, wie aus einer Zeit, lange bevor der Mensch gelernt hat, Metalle zu bearbeiten. Der Vergleich mit der Steinzeit ist nicht abwegig. Die Gruppe stammt vom andern Ende der Welt, von Papua, dem westlichen Teil der Insel Neuguinea, welcher zwar bereits nah bei Australien liegt, aber zum Vielvölker-Inselstaat Indonesien gehört. Westliche Seefahrer haben die Insel erst im 16. Jahrhundert entdeckt. Und noch heute soll es in den Regenwäldern des Hochlands Völker geben, die unbeeinflusst leben wie schon ihre Vorfahren vor Jahrtausenden.Auch die Kamoro, die im Chunrat auftraten, haben einen einfachen Lebensstil bewahrt. Sie pflegen ihre Kultur, die noch nahe den Wurzeln der Menschheit liegt. Das Volk besteht aus kaum 20000 Menschen, die entlang einem 250 Kilometer langen Streifen an der Südküste Papuas leben. Eine Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, ihre Kultur zu bewahren. Dazu diente auch die vom Verein Indonesia-Schweiz organisierte und von der indonesischen Botschaft in Bern unterstützte kleine Schweiz-Tournee mit Auftritten in Basel, Zürich und Altstätten.Den Auftritt im Rheintal hat das Altstätter Ärztepaar Anindita und Kuswara Halim eingefädelt, zusammen mit dem Verkehrsvereinspräsidenten Wolfgang Kessler. Das Ehepaar Halim stammt aus Indonesien. Und auch Wolfgang Kessler verbindet viel mit dem Land. In jungen Jahren stand er als Oberarzt in St. Gallen dem damaligen Assistenzarzt Kuswara Halim vor. Und der Zufall wollte es, dass Kessler Halims Bruder, der damals ebenfalls kurz in der Schweiz war, das Leben rettete. Jener lud seinen Retter für drei Wochen nach Indonesien ein. Seitdem war Kessler immer wieder dort. «Ich habe mein Herz in Indonesien verloren», bekannte er im Chunrat. Papua allerdings kenne er noch nicht, gestand Kessler ein.Kuswara Halim wundert dies nicht. Zwar seien viele Rheintaler schon in Indonesien gewesen. In Bali etwa, einer beliebten Feriendestination. Bekannt sei auch Java mit der indonesischen Hauptstadt Jakarta. Vielleicht habe man schon von Sumatra und Borneo gehört. Aber damit hat es sich dann meist auch schon. Dabei besteht Indonesien aus über 6000 bewohnten Inseln (und aus Tausenden weiteren, die nicht bewohnt sind), die sich über eine Länge von über 5000 Kilometern erstrecken.Brücke zwischen Ländern, Fenster durch ZeitenAnindita und Kuswara Halim haben schon mehrfach indonesische Kulturgruppen nach Altstätten eingeladen. Auf diese Weise möchten sie zwischen der Schweiz und Indonesien eine Brücke der Freundschaft bauen. Wie sich nun zeigte, ist es ihnen damit sogar möglich, ein Fenster in die Vergangenheit zu öffnen.

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