06.05.2022

«Nachhaltige Mobilität bedeutet keinen Verzicht»

Am Rhema-Behördentag machte die Verhaltensbiologin Elisabeth Oberzaucher das Umsteigen auf den öV beliebt.

Von Max Tinner
aktualisiert am 02.11.2022
An der Rhema gibt es auch eine Tagung für alle im Tal, die einem Gemeinderat, einer Ortsgemeindeverwaltung, einer Kirchenvorsteherschaft, einem Schulrat oder irgend einem anderen Gremium angehören. Organisiert wird er vom Verein St. Galler Rheintal, der die Gelegenheit auch gleich nutzt, um über die Arbeit seiner Fachstellen und den aktuellen Stand laufender gemeindeübergreifender Projekte zu informieren.Gestern lag der Schwerpunkt auf der Mobilität. Dazu hatte man die österreichische Verhaltensforscherin Elisabeth Oberzaucher eingeladen, die an ihrem eigenen Beispiel die Vorzüge des öffentlichen Verkehrs aufzeigte. Eben erst war sie eine Woche zwischen Friedrichshafen und Wien unterwegs: hin, zurück, kreuz und quer, jeden Abend einen Vortrag an einem andern Ort. «Nur mit der Bahn ist das zu schaffen», hielt sie fest.«Wir stehen nicht im Stau: Wir sind der Stau»Mit dem Auto wäre völlig offen, ob sie rechtzeitig am nächsten Veranstaltungsort einträfe, weil man auf der Strasse eben oft und unplanbar im Stau stehe. Wobei für Oberzaucher der Terminus «im Stau stehen» eine falsche Perspektive spiegelt: «Wir stehen nicht im Stau – wir sind der Stau.»Nachhaltige Mobilität– also zu Fuss gehen, mit dem Velo fahren oder mit dem öffentlichen Verkehr – sei kein Verzicht, betonte Oberzaucher. Sie verstehe ohnehin nicht, weshalb in der Schweiz so viel Auto gefahren werde: «Die Schweiz mit ihren höchst pünktlichen Bahnen ist ein Paradies für Bahnfahrende!»Die Wissenschaftlerin räumte ein, dass es aus Sicht von abgelegen Wohnenden ein Privileg sei, gut an den öffentlichen Verkehr angebunden zu sein. Das sollte es aber nicht sein, meinte sie und ermunterte die Behörden, es den Leuten leicht zu machen, auf den öV umzusteigen, also das Angebot auszubauen.Da sei man im Rheintal dran, versicherte Reto Friedauer, der Präsident des Vereins St. Galler Rheintal. Velowege würden gebaut und im oberen Rheintal eine zweite Bahnspur, die den Schnellzug-Halbstundentakt ermöglichen wird.Er widersprach Oberzaucher (die sich gegen den Bau neuer Strassen ausgesprochen hatte) aber auch: Es brauche durchaus auch leistungsfähige Strassenverbindungen, wobei er im Besonderen die Verbindung zwischen den beiden Autobahnen ansprach. Weil nach jahrzehntelangem Warten das Vorhaben auf der Ziellinie erneut stockt, wollte er von der Verhaltensbiologin wissen: «Was müssen wir tun, damit wir in Wien endlich gehört werden?!»Elisabeth Oberzaucher durfte sich aber immerhin darüber freuen, dass ein grosser Teil des Publikums mit dem Bus an die Veranstaltung gekommen war. Bedenkt man freilich, dass der Anlass an der Rhema stattfand, sei die Wette angeboten: Hauptgrund, dass die Leute das Auto daheim in der Garage stehen liessen, dürfte nicht die durchaus gegebene Pünktlichkeit des Rheintaler Busbetriebs gewesen sein.

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