Er brauchte zwei Anläufe, um die Gäste zu begrüssen. Dem Regierungspräsidenten Stefan Kölliker fiel eine kurlige Person ins Wort. Hanna, alias Gardi Hutter, marschierte als Überraschungsgast mit Besen und Putztüchern durch die voll besetzten Stuhlreihen in der Aegetenhalle. Sie machte von Anfang an klar, wer hier für die Wirtschaft zuständig sei, sie die (Haus-)Wirtschafterin. Nach ersten Lachern lenkte Stefan Kölliker auf das Tagungsmotto ein: Pioniergeist, Mut und Risikobereitschaft. Bezug nehmend auf die Schweizer Mentalität sagte er, dass wir Mut nicht bereits mit der Muttermilch aufsaugen würden. Lino Guzzella, ETH-Professor und ehemaliger Präsident der Hochschule spann den Faden weiter: «Solange es einem gut geht, will man sich nicht ändern.»Sätze, die man mit nach Hause nimmtDoch dies sei dringend nötig. Denn der Wandel finde vor allem in Asien statt, was bedeute, dass man auch in der Schweiz «schneller rennen» müsse. Derzeit sei eine tektonische Verschiebung im Gang. Als einen Satz, den die Gäste mit nach Hause nehmen können, kündete Lino Guzzella folgende Aussage an: «Alles, was man automatisieren kann, wird früher oder später, sobald es wirtschaftlich ist, automatisiert.»Er sparte nicht mit deutlichen Worten und erntete im Publikum manch ein Nicken. Dem Wandel dürfe man nicht widerstreben. «Das wäre das Dümmste.» Er sieht in der digitalen Wirtschaft eine Riesenchance, die sich der Schweiz eröffne und gleichzeitig eine Pflicht, um auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu bleiben. Die Voraussetzungen im Land seien ideal. «Wir haben das Know-how und die Menschen dafür.» Die ETH mit ihren kreativen und begabten jungen Menschen gestalte die digitale Schweiz mit. Ihnen müsse man es ermöglichen, sich zu entfalten.Einigkeit, wenn es um Erfolgsrezepte gehtWenig Zeit, um sich zu entfalten, gönnte sich Magdalena Martullo-Blocher. Ihr war ein straffer Terminkalender anzumerken. Sie erschien erst kurz vor ihrer Rede und verabschiedete sich danach sogleich wieder, da sie am Abend an der Albisgüetlitagung der SVP Zürich auftrat. In Widnau polarisierte sie, war aber auch für Unterhaltung gut. In ihrer Doppelrolle als Unternehmerin und Nationalrätin fühlt sie sich im Bundeshaus oft ausgebremst. In Blocherscher Manier mit genervtem Ton imitierte sie Floskeln wie: «Ah, das ist aber schwierig», wenn der von ihr geforderte unternehmerische Freiraum an politischen Hürden abprallt. Sie kritisierte Berufspolitiker mit Grossmachtgelüsten.Ihre Bedingung zum Erfolg definiert sie über das Motto: «Alles, ausser gewöhnlich.» Dazu gehöre es, Änderungen zu erkennen und sich anzupassen. Sie warnt aber davor, gleich wie andere zu werden. Es brauche Mut, sich zu unterscheiden, was auch mit Risiken verbunden sei. Damit unterstützte sie Lino Guzzellas Aussage, dass kritisches Denken den Ursprung der Forschung darstellt. Auf denselben Nenner kam eingangs Stefan Kölliker, der nichts davon hält, andere zu imitieren.Joachim Gauck ermuntert, Probleme zu benennenÜber einen bis dahin unerwähnten Aspekt kam Joachim Gauch zu sprechen. Der mit Spannung erwartete, ehemalige deutsche Bundespräsident (2012 bis 2017)mit Vergangenheit als evangelischer Pfarrer, bediente sich philosophischer Ansätze. Von der ängstigenden Möglichkeit zu können. Warum es schwer fallen kann, Verantwortung zu tragen. Deshalb scheute er sich nicht, eindringlich zu wiederholen: «Realismus bewahren heisst letztlich, sich der eigenen Möglichkeiten bewusst zu bleiben.»In seiner Amtszeit ermutigte Gauck die Bevölkerung dazu, ihre Probleme miteinander zu besprechen. Sie müssten nicht nach rechts aussen gehen, um zu sagen, was sie belaste, sagte er. Benannte er als Präsident ein Problem sehr zurückhaltend, waren die Menschen eingeladen, aus der Mitte der Bevölkerung heraus, über Lasten zu reden. 24/25HinweisMehr Bilder auf rheintaler.ch.