Dass biologische Vielfalt wichtig ist, hat sich in kurzer Zeit als Erkenntnis durchgesetzt. So gehören der IG Bienenfreunde Rebstein, die Ivo Keel vor vier Jahren gegründet hat, schon 105 Mitglieder an. Von ihnen nahmen am Freitagabend stolze 50 Prozent an der Besichtigung von naturnah gestalteten Gärten teil.Gemeint, ein Garten müsse «gschlecket» seinEiner der Teilnehmer ist der Rentner Max Köppel. Früher habe er gemeint, ein Garten habe «gschlecket» auszusehen. Heute denkt er völlig anders. Das lohnt sich nicht nur für die Natur, sondern hat auch den Nebeneffekt, dass Köppels zeitlicher Aufwand gesunken ist.Der frühere Ortsgemeindepräsident Ernst Schönauer setzte bis vor Kurzem auf einen Mähroboter. Heute sieht es vor seinem Haus hingegen «recht wild aus», wie der diplomierte Gärtnermeister Benjamin Tanner am Freitag meinte. Ernst Schönauers neue Wiese ist «noch nicht kunterbunt blühend wie im Prospekt», aber in zwei, drei Jahren werde sie «richtig schön» sein, prophezeite der in Marbach lebende, bei der Altstätter Firma Steger tätige Gärtnermeister. Mehrfach empfahl Tanner, auf einheimische Pflanzen zu setzen.Otto Graf war regelrecht schockiertGeradezu schockiert äusserte sich Otto Graf auf dem Alterswohnungen-Areal. Hier erwarten den Besucher eintöniges Grün, ein gepflasterter Weg und eine Steinwüste, die – abgesehen von einer asphaltierten Fläche – wohl das denkbar Schlechteste sei, meinte Graf. Er selbst und seine Frau haben dieses Jahr «hundert bienenfreundliche Pflanzen» gesetzt – und ihm ist anzumerken, dass dies nicht allein den Bienen, sondern auch ihm selbst viel Freude bereitet.Auch die Umgebung der Alterswohnungen wird sich markant verändern. Die heutige Tristesse wird wohl bereits in einem Jahr sichtbarer Naturnähe gewichen sein. Ein Projekt der Ortsgemeinde als Eigentümerin und des Vereins Pro Riet macht es möglich.Bei der kleinen Tour am Freitagabend wurde eines klar: Wer Naturnähe wünscht, muss Mut zur Ungepflegtheit haben, denn erst mit der Zeit entfaltet sich die Schönheit einer neuen Blumenwiese, die am Anfang nicht wie eine Blumenwiese aussieht. Das ist auch beim neuen Eigenheim von Ernst Schönauers Tochter Nicole zu sehen. «Im ersten Jahr blüht eben noch keine Blume, die dauerhaft vorhanden bleibt», sagte Benjamin Tanner. Nötig sei Geduld.Auch IG-Gründer Ivo Keel, der es mit seiner Leidenschaft für Biodiversität nicht immer leicht hatte, lernte dazu. Anfangs, als eine Distel wuchs, erwachte unverzüglich ein verbreiteter Reflex. Wer will schon eine Distel vor dem Haus! Doch schon nach kurzer Zeit bekam der Hobbyimker einen schönen Lohn dafür, dass er die Pflanze stehen liess: Ein Distelfink war plötzlich da. Überhaupt: «Nicht immer alles gleich wegmachen, kaum naht der Winter», empfahl der Gärtnermeister. Vielmehr solle man die Stauden auch im Winter stehen lassen und das Ungepflegte bloss nicht scheuen, denn die Vögel kämen so zu Nahrung.Gemeinden haben auch dazugelerntAm Ende der kleinen Besichtigungstour stand man an Marbachs Bahnhofstrasse, wo unter der Federführung von Pro Riet eine grössere Fläche ökologisch aufgewertet wurde – mit Sickerteich, Steinhaufen für Reptilien sowie einheimischen Bäumen entlang der Strasse. Die Aufwertung zeigt, dass auch die öffentliche Hand sich Mühe gibt. 100000 Franken hat die politische Gemeinde aufgewendet, für das besichtigte kleine Gebiet sowie weitere ökologische Aufwertungen beim Museum Oberes Bad.Der Anlass der IG Bienenfreunde Rebstein war somit Bestätigung für den eigenen Einsatz und Ermutigung zugleich. Die Erfolge der jüngsten Zeit für die Natur sind mit den Brennnesseln in Ivo Keels Garten vergleichbar. Auch sie sind ein gutes Zeichen, denn wo sie sich zeigen, ist der Boden gut.