Auf dem Weg zum Proberaum meint eine Musikantin: «I ha tänkt, entweder git’s hüt Wulletecki oder Prob.» Sie hat sich gleich entschieden wie 19 andere.Kurt Ulmann, ein genauso bekannter wie erfahrener Dirigent, legt zügig los. «Gend däna punktierte Achtel au no echli Gwicht», sagt er, während Marschmusik zu hören ist.Zügig ein Repertoire zusammenstellenEs ist die zweite Probe, und schon nach den ersten Takten breitet sich eine akustisch wohlige Wärme aus, die bestätigt, was Verena Federli kurz zuvor bemerkte: Die Veteranenmusik spielt Lieder, «wo ‘s Volk gern hät», Melodien «wo is Ohr und is Herz gönd». Konkret: Märsche, Walzer, Polka. Das Ziel ist es, zügig ein Repertoire von zehn bis fünfzehn Stücken aufzubauen, nach der zweiten Probe sind es fünf.Als Dirigent hatte Ulmann eigentlich aufgehörtKurt Ulmann hatte eigentlich mit Dirigieren aufgehört. Der einstige Spielführer im Militär war drei Jahrzehnte Dirigent gewesen – 17 Jahre bei der Musikgesellschaft Montlingen-Eichenwies und 13 Jahre bei Rebsteins Musikverein. Aus beruflichen Gründen musste der Chef einer Strafanstalt Prioritäten setzen, so dass er sich darauf beschränkte, Musikant zu sein. Bei den Rebschter Dorfspatzen spielt er heute Flügelhorn und Trompete.Die gleichen beiden Instrumente beherrscht die St. Margretherin Verena Federli, die im St. Galler Blasmusikverband als Vizepräsidentin wirkt und schon immer Freude daran hatte, etwas Neues anzureissen. Nun hat sie die Veteranenmusik Rheintal initiiert, eine lose, ungezwungen auftretende Gruppe Gleichgesinnter, die Lust auf lockeres Proben, einen gewissen Austausch und gemütliches Zusammensitzen haben. Erich Koller aus Balgach, ehemaliger Präsident der SCS Big Band, macht ebenso mit wie Max Reich, der frühere Gemeindepräsident von Rebstein.Wer will, kann Vorschläge zum Repertoire direkt dem Dirigenten kundtun, eine Musikkommission wie in Musikvereinen kennt die Veteranenmusik nicht.Hochstehende Stücke links liegen lassenDass Kurt Ulmann wieder dirigiert, verdankt die neue Musikformation Verena Federli, die gestüpfelt hat, erfolgreich, denn Kurt Ulmann sagte schliesslich, «gut», er leiste Aufbauarbeit, was er nun sehr schwungvoll macht.Am Wochenende nach der zweiten Probe meinte er, er komme «voll ins Element», er habe nach der Probe allerdings gedacht, es ginge auch noch «eine Spur gemächlicher».Die neue Musig spielt ja völlig frei von jeglicher Verbissenheit, lässt hochstehende Stücke links liegen und frönt altbekannter, einfacher Unterhaltungsmusik, die sie mit guter Laune so spielen will, dass sie gut klingt. Der Arosa-Marsch und der Papstein-Marsch sind zwei Beispiele.Fast alle sind auch in einem MusikvereinDie Veteranenmusik will ausdrücklich keine Konkurrenz der Musikvereine sein. Fast alle Musikantinnen und Musikanten sind daher zugleich in ihrem Stammverein aktiv. Neun Mitglieder der neuen Formation spielen in der Musikgesellschaft Altenrhein-Staad, sechs bei der Musikgesellschaft St. Margre-then, vier beim Musikverein Rebstein, drei bei den Balgachern und je ein Veteran gehört der Musikgesellschaft Montlingen-Eichenwies bzw. Rüthi an. Dass meistens kleinere Gruppen aus einem bestimmten Musikverein zur Veteranenmusik stossen, erklärt Verena Federli mit einer Art positivem Ansteckungsprinzip: «Wer zu uns kommt, bringt oft andere gleich mit.»Schon in der zweiten Probe tönt es bestensMit sieben Trompeten, vier B-Bässen, vier Es- und zwei Tenorsaxofonen, drei Eufonien, zwei Posaunen, einem Waldhorn und dem Schlagzeug klingt die Veteranenmusik Rheintal bereits sehr gut. Allerdings «mögt’s scho no anderi Inschtrument liide». Verena Federli nennt Klarinette, Querflöte, Bariton, Horn und Posaune. Generell seien alle herzlich willkommen, zahlenmässig sei man gegen oben offen, auch zum Schnuppern seien alle eingeladen. Etwa dreissig regelmässig Musizierende, sagt Ulmann, wären schön.Ulmann lässt seine Worte in ein Credo münden«Wenn mer da a paar Mol duri händ, klappet da», spornt der Dirigent die Gruppe an, nur wenig später meint er «‘s isch scho sehr vill besser», bald ersetzt er «sehr vill» durch «wesentlich». Der Dirigent lobt stufenweise, seine Worte kommen schön im Takt. «Jetz no e liechts Crescendo inimache», fügt er sanft hinzu und lässt sein Bitten, seinen Ansporn und die Anerkennung in ein grosses Credo münden, das als sicheres Erfolgsrezept den Kern der Sache trifft. Der Satz ist simpel und es macht den Anschein, dass er gern beherzigt wird: «Eifach ufenand lose.»Hinweis: Die nächsten Proben der Veteranenmusik Rheintal finden am Freitag, 22. April, und am Freitag, 27. Mai, jeweils ab 19 Uhr im Probelokal in St. Margrethen statt. ***Konkurrenzdenken ausgemerztDie Musikvereine pflegen heute eine andere Kultur als noch vor drei Jahrzehnten. Kurt Ulmann, der diese Zeitspanne gut überblickt, erinnert sich an ein früher verbreitetes Konkurrenzdenken sowohl unter Vereinen als auch unter Leitenden. Der Siebzigjährige begrüsst den Wandel, der zum Wohle der Vereine stattgefunden habe, sehr. Es herrsche heute ein kollegiales Verhältnis unter den Dirigierenden, einstiges Konkurrenzdenken sei ausgemerzt. Auch die Vereine setzten auf ein Miteinander. Man unterstütze sich, und gebe es Absenzen zu beklagen, beispielsweise wegen Krankheit, helfe man einander aus. Auch die Mitgliedschaft von Musikantinnen und Musikanten in teilweise zwei Vereinen sei ein Ausdruck dieses Wandels, sagt der Dirigent. Wäre die neu gegründete Veteranenmusik früher wahrscheinlich als Konkurrenz wahrgenommen worden, dürfte sie nun vielmehr den Ruf einer bereichernden Formation haben. Das zeigt auch das erste feststehende Engagement: An der Kreis-Delegiertenversammlung vom 24. September in Au wird die Veteranenmusik Rheintal einen Auftritt haben.