25.09.2018

Mostobst liefern im Minutentakt

Eine rekordverdächtige Mostobsternte ist in vollem Gang. Bei der Mosterei Kobelt müssen sich die Lieferanten telefonisch anmelden, damit kein Chaos ausbricht. Das Familienunternehmen nahm bereits doppelt so viel Obst entgegen wie letztes Jahr.

Von Hildegard Bickel
aktualisiert am 03.11.2022
Hildegard BickelKaum ist ein Traktor weg, fährt schon der nächste vor. Die Lieferanten kippen Harasse voller reifer Früchte auf das Förderband. Bereits 950 Tonnen Mostobst landeten in den Silos der Marbacher Mosterei, und es ist kein Ende in Sicht. Das erstaunt sogar Geschäftsführer Ruedi Kobelt. «Ich hätte nicht gedacht, dass wir nochmals an der 1000-Tonnen-Marke kratzen», sagt er. Diese Marke erreichte das Familienunternehmen letztmals 1992. Doch der heisse Sommer wirkte sich positiv aus, sowohl auf die Menge wie auch auf die Qualität. Wenig Schlaf und verständnisvolle NachbarnBereits seit Mitte August läuft frisch gepresster Saft durch die Abfüllanlage. Die Arbeitstage beginnen momentan früh. «Wir haben letzte Woche bereits morgens um 4.30 Uhr die erste Lieferung entgegen genommen», sagt Ruedi Kobelt. Jeweils am Vormittag ist die Abgabe für Grosslieferanten ab 500 Kilo, am Nachmittag bringen vorwiegend Privatpersonen Kübel und Harasse mit kleineren Mengen. Bis alle abgefertigt sind, kann es dauern. «Einmal luden wir bis 22 Uhr ab», sagt Ruedi Kobelt. Der rege Betrieb auf dem Hinterhof der Mosterei brauche etwas Verständnis von den Nachbarn. «Und sonst schenken wir ihnen eine Flasche Most», sagt Jenny Kobelt, die Tochter des Geschäftsführers. Sie hilft während der Hochsaison zusätzlich im elterlichen Betrieb und organisiert eine gestaffelte Mostobst-Annahme. «Manchmal müssen wir die Lieferanten am Telefon um Geduld bitten, damit es keinen Stau vor den Silos gibt.» Doch sie darf auf verständnisvolle Reaktionen zählen, da die Situation aussergewöhnlich ist. «Lieber so als wie letztes Jahr»Die viele Arbeit lässt der Familie Kobelt keine Zeit für ein freies Wochenende. «Am Samstag mosteten wir bis 21 Uhr, am Sonntag hatten wir im Büro zu tun», sagt Ruedi Kobelt. Doch die Stimmung ist gut: «Lieber so als wie letztes Jahr.» 2017 fiel die Obsternte wegen Frost im Frühjahr mager aus und es musste Obst aus Frankreich zugekauft werden. Ausgerechnet dort, in der Bretagne, sei heuer ein schwaches Obstjahr, sagt Ruedi Kobelt. Das seien jedoch die natürlichen Schwankungen, mit denen man rechnen müsse.Auch Marcel Baumgartner, der eine Kundenmosterei in Kriessern betreibt, nimmt es gelassen. 2018 sei nun ein überdurchschnittliches Jahr. Die Konsumenten dürfen sich auf frisch gepresste Säfte in bester Qualität freuen. Zu seinen Kunden gehören Private, die den eigenen Saft aus eigenen Äpfeln wünschen. Er presst, pasteurisiert und füllt den Saft in Kartonboxen ab. Der Preis pro Liter unterscheide sich nicht zum Vorjahr, da er eine Dienstleistung anbietet. Für den Aufwand wendet er eine Mischrechnung der vergangenen Jahre an. Die Frage nach dem Preis hört auch Ruedi Kobelt immer wieder. Für ihn gilt der Richtpreis, den der Schweizer Obstverband Anfang Saison festlegt. Dieser ist bei 26 Franken pro 100 Kilo Mostäpfel. Stabile Preispolitik vom Verband In einer Mitteilung schreibt der Verband, dass die Produzenten-Richtpreise gegenüber dem Vorjahr für alle Kategorien unverändert bleiben. Zudem seien die gewerblichen Mostereien bereit, die gesamte anfallende Ernte zu übernehmen. Diese Ernte sei gefragt, da nach dem Frostjahr 2017 die Lager leer waren. Ausserdem stehe bereits fest, dass die Marktversorgung bis zur nächsten Ernte gesichert sei. Der Schweizer Obstverband geht von einer Gesamtmenge von 120000 Tonnen Mostäpfeln und 12000 Tonnen Mostbirnen aus. Auf den Obstzahltag müssen die Lieferanten allerdings noch etwas warten. Nach der Abgabe in der Mosterei erhalten sie einen sogenannten Waagschein, ähnlich einem Lieferschein.Lieferanten bekommen Lohn später Erst nach der Erntezeit, wenn der letzte Apfel gemostet und die Gesamtmenge bekannt ist, wird individuell abgerechnet. Dieses Jahr sei der Obstzahltag erst im Dezember, schätzt Ruedi Kobelt. Vorerst hängen noch viele Äpfel an den Bäumen. Bis Ende Oktober erwartet er fortlaufend Obstlieferungen.

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