Es knarzt und quietscht im Torkel der Familie Egli in Balgach. Unaufhörlich drehen zwei Männer die beiden Kurbeln, die die Sandsteine antreiben und die Äpfel, die aus einem Trichter purzeln, zermalmen. Der Boden der 120-jährigen, hölzernen Presse ist bereits halb bedeckt mit den zermantschen Äpfeln. Jan Egli drückt sie mit einer Schaufel platt. Unter das emsige Treiben der Männer und Frauen mischt sich das Lachen von Kindern, die einen Stock über der Presse die Äpfel sortieren und sie anschliessend in den Trichter werfen. Hier ist Teamwork angesagt: Vom Jüngsten bis zum Opa packen alle mit an. «Ich habe früher selbst mit meinem Grossvater hier Obst gepresst. Jetzt erleben es meine Enkel zum ersten Mal», sagt Jack Egli stolz, dem die Presse gehört.
Presse nach 35 Jahren erstmals wieder gebraucht
Die Anlage ist die wahrscheinlich letzte alte, komplett erhaltene Obst- und Traubenpresse in Balgach. «Früher, zu Zeiten meines Grossvaters, haben wir hier noch Wein hergestellt», erinnert sich Jack Egli. Später war sie nur noch selten in Betrieb. Die Eglis hatten selbst nicht genug Äpfel, weshalb sie gelegentlich die Bevölkerung dazu einluden, ihr Obst vorbeizubringen. «Im Gegenzug konnten sie ein paar Liter Most mitnehmen. Es ging uns mehr um den Event, die alte Presse zu bedienen und den Leuten das Handwerk zu zeigen», sagt er. 35 Jahre stand die Presse still. Am letzten Samstag wurde sie von der Familie Egli zusammen mit der Familie Zünd vom Rosahof, von welcher die Äpfel stammen, wieder in Betrieb genommen.
500 Kilo aus der letzten Ernte des Jahres
Simon und Mirjam Zünd haben vor drei Jahren den Rosahof in Balgach übernommen und zugleich mit der Umstellung zum Permakulturhof begonnen. Auf dem rund drei Hektar grossen Familienbetrieb produzieren sie naturbelassenes Obst und Beeren. 80 verschiedene Obstsorten umfasst das Sortiment der Familie. «Wir haben eine schmalstreifige Bewirtschaftung mit unterschiedlichen Pflanzensorten, die sich gegenseitig begünstigen. So sind die Pflanzen widerstandsfähiger und können sich optimal entfalten», sagt Simon Zünd. Um ein möglichst stabiles Ökosystem zu erreichen, verzichten sie auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Den Obstüberschuss pressen sie jährlich zu Süssmost. Die letzte Ernte in diesem Jahr haben sie sich für einen besonderen Anlass aufgespart. An einem Dorffest haben sich Chläus Egli und Simon Zünd über die alte Obst- und Traubenpresse der Eglis unterhalten. «Ich hatte schon länger Interesse, selbst einmal Süssmost mit einer nostalgischen Presse herzustellen. Die Eglis haben es mir nun ermöglicht», sagt Simon Zünd. 500 Kilo Äpfel haben die beiden Familien am Samstagvormittag zu etwa 300 Liter Most verarbeitet. «Mit einer heute herkömmlichen Maschine wären es mehr gewesen, aber das Erlebnis stand im Vordergrund», sagt Simon Zünd. Er hält den Becher unter den Trichter, wo der Saft rausfliesst, füllt ihn, nimmt einen Schluck und sagt: «Ausserdem schmeckt er fabelhaft.»