Eine WM-Medaille zu gewinnen, war ihr erklärtes Saisonziel. Dass dies selbst in einer möglichen Bestform gelingt, ist im Orientierungslauf jedoch stets völlig offen. Denn in einem Wettkampf mit Einzelstart gibt es kein Taktieren. Zudem ist die Aufgabe erst nach dem Start bekannt, wenn die Zeit schon läuft.
Die beiden sind unterschiedlich vorbereitet in die Grossstadt Kosice im Südosten der Slowakei gereist. Mario Ammann hatte längere Zeit Probleme mit der Oberschenkelmuskulatur und war nicht sicher, ob die Sache wirklich ausgestanden ist. Er ging am Samstag zuversichtlich an den Start des Qualifikationslaufes. «OL mit angezogener Handbremse geht nicht. Dann stimmen die Abläufe nicht», erklärt der Routinier. Er habe sich darum am Samstag nicht geschont und auch fast alles richtig gemacht.
Als Sieger einer der vier Vorläufe in seiner Altersklasse M65 reihte sich der Weltmeister der beiden Vorjahre definitiv wieder in die Namensliste der Favoriten für den entscheidenden Finallauf vom Sonntag ein.
Die Entscheidungen fielen sehr knapp aus
Auch Monika Ammann setzte als Zweite ihres Vorlaufes in der Kategorie W60 ein Zeichen. Sie fühlte sich läuferisch nicht so spritzig und beklagte müde Beine. Zudem verlor sie bei einem Posten die Übersicht und als Folge wertvolle Sekunden. Trotzdem durfte sie annehmen, dass sie am Sonntag mit einer fehlerfreien Leistung mit den Besten mithalten kann. Beim Verlassen der Zielarena, um rechtzeitig am Startplatz einzutreffen, hörte sie gerade noch, dass ihr Mann mit einer neuen Bestzeit das Ziel erreicht hatte. Dass der Vorsprung nur gerade zwei Sekunden betrug, wusste sie nicht.
Mario Ammann war als Drittletzter ins Rennen gestartet, auf ihn folgten noch zwei weitere Sieger der Vorläufe. Ammann war wieder ein guter Lauf gelungen. Er war sich nur eines kleinen Fehlers bewusst. «Wenn es eng wird, könnte ich dort den Grund suchen», ging ihm durch den Kopf. Tatsächlich traf der Nächststartende bereits nach 56 Sekunden im Ziel ein. Damit war der Sieg wegen vier Sekunden weg. Der letzte Läufer konnte daran nichts mehr ändern. So blieb es bei einem Podest mit einer Zeitspanne von nur sechs Sekunden, mit Mario Ammann als glücklichen Gewinner der Silbermedaille.
Der Geländewechsel hielt Tücken bereit
Der Sprintfinal wurde in der Altstadt von Kosice durchgeführt. Der Schlussteil mit dem Ziel befand sich in einem angrenzenden Stadtpark. «Man kann sich fast nicht vorstellen, dass ein solcher Wechsel eine besondere Herausforderung darstellt», sagt Monika Ammann. Man müsse die Orientierung sozusagen umstellen. Ihr unterlief dort ein zeitraubender Fehler, der ihr den Sieg kostete.
Sie war jedoch nicht die Einzige, die kurz vor dem Ziel im vermeintlich einfachen Gelände ihre Medaillenträume begraben musste. So weit kam es aber bei Ammann nicht. Sie rettete fünf Sekunden ins Ziel und krönte ihre Leistung mit der Silbermedaille. «Damit ist meine Medaillensammlung nun komplett. Nach dreimal Gold und zweimal Bronze darf ich mich nun auch über Silber freuen».
Auch ihr Ehemann Mario Ammann zieht ein positives Fazit: «Ich habe nicht Gold verloren, sondern Silber gewonnen.» In einem so schnellen Wettkampf mit derart starken Läufern sei alles möglich. «Es ist ein gutes Gefühl, zu den Besten zu gehören. Und es ist fantastisch, sich mit seinesgleichen aus so vielen verschiedenen Ländern freuen zu dürfen.»