12.06.2020

Mitten im Chaos die Seele baumeln lassen

Die Welt steht Kopf. So vieles geht drunter und drüber in der Welt. Die Coronapandamie fegt Tausende Menschen in den Tod.

Von Philipp Hautle
aktualisiert am 03.11.2022
Sie bringt Hunger und Arbeitslosigkeit. Die Schuldenberge aus Notkrediten und Bürgschaften übersteigen die Höhe des Himalayagebirges. Politiker ringen um eine passende Ausstiegsstrategie. Es wachsen Ängste, unsere Demokratie könnte durch die Notstandsbeschlüsse des Bundesrates Schaden erleiden. Laut fordern manche Menschen, die Rechte des Volkes müssten eingehalten werden. Über Pflichten, Eigenverantwortung, Solidarität und Subsidiarität wird wenig geredet.Dennoch – viel Grossartiges geschieht. Aber die Prognosen sind düster. Der Wohlstand in der Schweiz wird wohl angekratzt. Auch in mir selbst gibt es ein Chaos. Fragen und Ängste, Hoffnungen und Ratlosigkeit breiten sich aus. Todsicher ist wirklich nur der Tod.Ein Morgenspaziergang entlang des Rietbachs tut mir gut. Langsam wie das Wasserrinnsal schlendere ich dahin. Noch gurgelt das Wasser um die Steine. Auf einem Stein ein Reiher. Aufmerksam lauscht und schaut er. Ich bleibe stehen. Was für ein Weltbild, was für eine Perspektive hat der Reiher? Da, er hat mich wohl gehört und rauscht weg. Krähen streiten sich lautstark bei einer Pappel. Am Wegrand stehende, strahlende Margeriten. Plötzlich springt ein Feldhase aus dem Ährenfeld über den Weg ins Ackerfeld.Ich summe, singe vor mich hin. Ohrwürmer. Mal fromm – das Kyrie aus der «Gounod»-Messe. Oder aus «Max und Moritz» – vor 50 Jahren gesungen: «Max und Moritz im Verstecke, schnarchen aber an der Hecke, und vom ganzen Hühnerschmaus, guckt nur noch ein Bein heraus.» Ich singe und schmunzle. Ich schaue – und da lacht mir wieder einmal ein vierblättriges Kleeblatt entgegen.Die Radfahrerinnen und Radfahrer, behelmt, kaum mehr erkennbar ihre Gesichter, nicken und grüssen freundlich. Ein jugendlicher Mopedfahrer ist sichtlich berauscht vom Lärm seines Motors.Dann kehre ich um. Gehe nun gegen die Strömung des Rietbachs. Ein total anderes Panorama. Das Säntismassiv, die Alvierkette, die Drei Schwestern, im Hintergrund liegt verschneit der Pizol. Ich pflücke einige Steinnägeli. Was für ein herrliches Rosa.Erholt an Leib und Seele komme ich heim. In Ruhe kann ich meinen nächsten Schritt planen.Warum ich das schreibe? Ich wünsche Ihnen, dass auch Sie Ihren Weg, Ihren Ort, Ihre Tätigkeit nutzen, wo Sie Ihre Seele baumeln lassen können und Kraft und Zuversicht finden inmitten aller Spannungen und Nöte. «E gueti Ziit.»Philipp Hautle, Rebstein

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