31.08.2019

Mit Vollgas in den Brexit?

Im politischen London überschlagen sich dieser Tage die Ereignisse. Am Dienstag hatten sich die Oppositionsparteien gerade auf eine Gesetzesinitiative zur Verhinderung eines ungeregelten Brexits verständigt. Doch Optimismus ob der ungewohnten Einigkeit war fehl am Platz. Schon am Mittwoch änderte der neue britische Premierminister Boris Johnson einmal mehr die Spielregeln. Konkret will er die laufende Sitzungsperiode des Parlaments auslaufen lassen und die Abgeordneten in eine fünfwöchige Pause schicken. Von der Queen hat er bereits grünes Licht dafür erhalten.An und für sich ist dieser Vorgang nicht ungewöhnlich. Eine Auszeit des Parlaments ist mehr als überfällig – die aktuelle Sitzungsperiode läuft schon seit Juni 2016 und ist damit die längste in 400 Jahren. Doch gerade in der heissesten Phase des Brexits – nur neun Wochen vor der Deadline am 31. Oktober – entpuppt sich Johnsons Vorgehen als grosser Taschenspielertrick. Er würde die Optionen seiner Opponenten, den Brexit in letzter Minute noch zu verhindern, aufs Minimum reduzieren – mittels eines zumindest auf dem Papier verfassungskonformen Prozesses.Am Ende «dürfen» die Parlamentarier über den Austrittsvertrag abstimmen – wenn es einen geben sollte. Allerdings spielt das Ergebnis dieser Abstimmung keine Rolle: Entscheiden sich die Abgeordneten für den Vertrag, den die britische Regierung eventuell noch mit Brüssel aushandeln kann, kommt der Brexit mit Vertrag. Stimmen sie dagegen, kommt er ohne. Aber aufhalten lässt sich der rasende Brexit-Zug so nicht mehr. Die (ungeschriebene) britische Verfassung würde komplett auf den Kopf gestellt. In der kommenden Woche dürfte es in Westminster nun zu einem ersten grossen Showdown kommen. Eine der wenigen verbleibenden Optionen der Opposition ist ein Misstrauensvotum, um die Regierung zu stürzen.Doch auch wenn dieses erfolgreich wäre, bliebe es chaotisch. Denn auf eine Übergangsregierung wird man sich – nach derzeitiger politischer Arithmetik – kaum einigen können. In diesem Fall planen die Strate-gen in der Downing Street Nummer 10 bereits mit Neuwahlen im November – der «Brexit» wäre dann bereits Geschichte. In London steht ein heisser Herbst bevor . . . (pd)Interessiert? Sie wollen entsprechend dieses Fokus-Themas investieren? Ihre Raiffeisenbank hilft Ihnen gerne bei der Anlage-Umsetzung.

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