15.09.2020

Mit Volksmotion Impulse geben

Die Möglichkeit der Volksmotion, von der soeben a plus Gebrauch gemacht hat, ist eher wenig bekannt.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Altstättens politischer Vereinigung a plus geht es mit der am Donnerstag eingereichten Volksmotion um ein Massnahmenpaket gegen das Lädelisterben. Raphael Wälter, der einen Master in Politik- und Rechtswissenschaft vorzuweisen hat und beruflich an Forschungs- und Beratungsprojekten im Gemeindeumfeld beteiligt ist, hält die Volksmotion für ein ausgezeichnetes Instrument zur zielgerichteten Mitwirkung in einer Gemeinde.Zahl der Unterschriften nicht überall gleichNatürlich ist vorausgesetzt, dass dieses Instrument in der Gemeindeordnung enthalten und seine Verwendung geregelt ist. In Altstätten sind 200 Unterschriften nötig. Im Vergleich zur Volksinitiative, die in Altstätten 500 Unterschriften voraussetzt, sei die Volksmotion «sehr viel bürgerfreundlicher», sagt Raphael Wälter. In Widnau beispielsweise sind 300 Unterschriften für eine Volksmotion nötig, in Balgach und Thal nur 50. Auch Schulgemeindeordnungen kennen das Instrument, das sich sehr unkompliziert anwenden lässt. Eine weitere Möglichkeit der Bürgerschaft, sich einzubringen, ist in manchen Gemeinden der (noch weniger als die Volksmotion verbreitete) Volksvorschlag. Dieser hat die Funktion eines Referendums: Mit einem Volksvorschlag kann verlangt werden, dass einzelne Bestimmungen eines Erlasses geändert oder gestrichen werden. Im Rheintal kennen neun Gemeinden die Volksmotion: Altstätten, Balgach, Berneck, Diepoldsau, Widnau, Au-Heerbrugg, St. Margrethen, Rheineck und Thal. Fünf dieser Gemeinden kennen ebenso den Volksvorschlag: Altstätten, Balgach, Berneck, St. Margrethen, und Thal. Trotzdem wird von der Volksmotion eher selten Gebrauch gemacht. In Berneck wurde mit einer derartigen Eingabe zur Neugassgestaltung vor vier Jahren eine Projektüberarbeitung mit «bestmöglichem Einbezug» der vorgebrachten Anliegen erreicht; Volksmotionäre und Gemeinderat hatten eine entsprechende Übereinkunft getroffen.In Thal lancierte ebenfalls vor vier Jahren die CVP eine Volksmotion zur «Überprüfung der Pflegeheime in der Gemeinde Thal»; es sei Zeit für eine Standortdiskussion, meinte die CVP. Befunden wurde – wie bei einer Volksmotion üblich – an der Bürgerversammlung. Mit 96:89 Stimmen wurde die Volksmotion gutgeheissen.Kleine Gesetzeslücke amüsiert Raphael WälterDas Thaler Beispiel zeigt, dass sich mit geringem Aufwand viel erreichen lässt. Als Raphael Wälter die Zahl der 280 Unterschriften nennt, die für die soeben übergebene Altstätter Volksmotion zusammenkamen, wirkt er amüsiert. Er sagt: Wenn an der nächsten Bürgerversammlung über die Volksmotion entschieden werde, sei Zahl der anwesenden Bürgerinnen und Bürger wahrscheinlich tiefer.Die Stadt kann die Volksmotion entweder gutheissen und an der Bürgerversammlung vorlegen, den Text ändern und ihn den Motionären vorlegen – oder der Bürgerversammlung das Nichteintreten beantragen. Einen eigentümlichen Fall erlebte Kirchberg, wo mit einer Volksmotion «Faire Bachsanierungen ohne Perimeter» verlangt wurden. Weil ein solcher Beschluss nicht in der Kompetenz einer Gemeinde liegt, hätte die Gemeinde die Volksmotion im Grunde für rechtswidrig erklären müssen. Anders als bei einer Initiative ist es bei der Volksmotion aber nicht möglich, sie als rechtswidrig abzuschreiben. Wieder lächelt Raphael Wälter, der von einer kleinen Gesetzeslücke spricht. Dem Kirchberger Gemeinderat blieb nur übrig, das Nichteintreten (wegen Rechtswidrigkeit der Perimeterabschaffung) zu beantragen und die Angelegenheit auf diese Weise abzuschliessen.Parteidenken «sollte untergeordnet sein»Von wem eine Volksmotion eingereicht werde, sei letztlich nebensächlich, meint Raphael Wälter, also auch «ob a plus draufsteht oder etwas anderes». In der Kommunalpolitik sollte das Parteidenken eine untergeordnete Rolle spielen. Entsprechend positive Signale habe die Volksmotion gegen das Lädelisterben auch bei anderen Parteien hervorgerufen, ohne dass dies nun gleich an die grosse Glocke gehängt werde. Was, wenn nun das Instrument der Volksmotion mit aussergewöhnlichem Eifer benützt würde, um laufend politische Impulse zu geben und Anträge zu vielen örtlichen Themen einzubringen? Primär wäre das natürlich zu begrüssen. Sollte übertrieben werden, liesse sich die Schwelle via Zahl der nötigen Unterschriften leicht erhöhen. Danach, dass es dazu kommen könnte, sieht es allerdings nicht aus.

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