02.03.2020

«Mit Usrüefe lösisch kei Problem»

Monika Eggenberger, die bald das Rüthner Gemeindepräsidium übernimmt, macht lieber Sach- als Parteipolitik.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Gert BrudererDie im zürcherischen Bülach aufgewachsene Mutter zweier erwachsener Söhne ist seit zehn Jahren SVP-Mitglied und seit fünf Jahren in zweiter Ehe mit dem SVP-Kantonsrat Peter Eggenberger verheiratet. Rüthner Gemeinderätin wurde sie vor fünf Jahren in einer klar gewonnenen Kampfwahl, im Jahr darauf wurde sie ausserdem in den Oberstufenschulrat gewählt.Dass sie das Schulratsamt zwei Jahre später wieder aufgab, erklärt Monika Eggenberger mit ihrer Doppelrolle. Weil es in der Oberstufe stets geheissen habe, die Kinder aus Rüthi brächten zu wenig Wissen mit, habe sie selbst zwischen Stuhl und Bank gesessen. Als Gemeinderätin gehörte sie der Bildungskommission an, was eine unliebsame Konstellation bedeutete.Nur einmal für Kantonsrat kandidiertObschon Monika Eggenberger bis Ende 2017 als Sekretärin der SVP-Kantonalpartei tätig war, ist sie eher «wenig SVP-gefärbt». Dies jedenfalls insofern, als ihre eigene Haltung in wichtigen Fragen von jener der SVP abweicht.«Der Klimawandel ist da», sagt Monika Eggenberger, «das ist unbestreitbar.» Zudem müsse es das Ziel sein, jene Zugewanderten, die hier sind, fit zu machen und es ihnen zu ermöglichen, bei uns ein eigenständiges Leben zu führen. Die Haltung, einfach niemanden ins Land zu lassen, nennt sie weltfremd. Entsprechend wenig hält die 53-Jährige von rechtspopulistischer Rhetorik, «mit Usrüefe lösisch kei Problem».Diese Sicht der Dinge ist der Grund dafür, dass Monika Eggenberger lieber der Exekutive angehört und die Kandidatur für den Kantonsrat im Jahr 2012 eine Ausnahme blieb.Sie mag Bücher mit HandlungUm den überraschend früh zurücktretenden Philipp Scheuble von 1. Mai bis Ende Jahr zu ersetzen, hat Monika Eggenberger ihre erst im Januar angetretene Stelle in Altstätten auf Ende März gekündigt. Ihren Karriereschritt in Rüthi wertet sie als grosse Verpflichtung, den neuen Job gut zu machen. Sie beabsichtigt, sich schon vor Amtsantritt vertieft einzuarbeiten und den scheidenden Präsidenten voll und ganz zu ersetzen statt nur das Allerwichtigste in einer Übergangszeit zu erledigen. Als Interimspräsidentin wirkt Monika Eggenberger deshalb wie Scheuble zu 80 Prozent – mit dem Ziel, bei den Gesamterneuerungswahlen im September fürs Präsidium zu kandidieren und so Kontinuität zu gewährleisten.Die in einem kleinbürgerlichen Umfeld aufgewachsene Städterin hat viele Interessen. Als sehr sprachaffine Politikerin liest sie so viel, dass sie sich selbst als klassischen Bücherwurm bezeichnet. Sie liebt Romane, Biografien – Bücher, in denen etwas passiert, Bücher mit Handlung. Überhaupt schätzt sie Kultur, Volkslieder, klassische Musik, sie ist da ziemlich offen. Sie geniesst es auch, zu stricken, und ist gern in der Natur, spaziert und wandert und ist Mitglied im Skiclub Kamor.In der Jugendzeit Zwang zu klaren StrukturenBis zu ihrem 25. Lebensjahr gehörte Monika Eggenberger, geborene Bräm, der neuapostolischen Kirche an. Das habe sie geprägt, erzählt sie. Der Zwang zu klaren Strukturen und die Vorgabe, wie das Leben zu führen sei, erweckten ihren Widerstand als Jugendliche, die mit 13 oder 14 nicht ins Kino durfte. Dadurch wurde sie «echli zum schwarzen Schaf» in der Familie, doch das Verhältnis zu den Eltern und zum drei Jahre jüngeren Bruder sei sehr gut. Ihre Ferien verbringt sie, wenn nicht im Tirol, im Emmental, wo ihre Mutter herstammt.Monika Eggenberger hat eine Banklehre absolviert und sich in jungen Jahren zur Personalfachfrau weitergebildet. Sie arbeitete fünf Jahre als Ausbildungsleiterin und Lehrlingsverantwortliche beim damaligen Bank-verein in St. Gallen, war dann zwei Jahre bei Bühler, Uzwil, für 36 Lernende verantwortlich und wirkte bei der Credit Suisse als Bereichspersonalleiterin.Als Mutter eines 23-jährigen Sohnes, der als Chemielaborant in Basel arbeitet, sowie eines 19-jährigen Sohnes, der noch daheim lebt und bald die Lehre als Polymechaniker abschliesst, bevorzugte Monika Eggenberger in den letzten zwei Jahrzehnten Teilpensen; zwischendurch blieb sie wiederholt zwei, drei Jahre zu Hause. Aber auch dann war sie auch ausserhalb der Familie einsatzfreudig, etwa in der Haus- und Tierbetreuung oder als freiwillige Mitarbeiterin im Spital; ehrenamtlich begleitete sie Patientinnen und Patienten.Eigene Kita für Rüthials wichtiges ZielAls klare Befürworterin externer Kinderbetreuung sagt Monika Eggenberger: «Hausfrau sein zu müssen, weil ein Betreuungsangebot fehlt, wäre schlecht.» Umgekehrt hielte sie einen gesellschaftlichen Druck auf Mütter, arbeiten zu müssen, für falsch. Sie sagt, sie sei mit Blick auf Familienformen sehr offen – und meint damit: Jeder nach seiner Façon.Nicht nur, weil ein gesetzlicher Auftrag besteht, hält Monika Eggenberger eine eigene Kita als ein für Rüthi wichtiges Ziel. Im August werde (unter der Federführung der Kita Wunderland in Montlingen) ein Rüthner Mittagstisch eröffnet, die Ausweitung sei angestrebt und eine Nachmittagsbetreuung der nächste Schritt.Als weitere wichtige Themen nennt Monika Eggenberger die Steuerkraft und die Raumplanung, wobei sie die Wahrung des dörflichen Charakters erstrebenswert findet. Allerdings macht sie sich keine Illusion: Das Dorf, wo jeder jeden kennt, wird es nicht mehr geben, die Zeiten ändern sich. Das Wachstum solle aber moderat sein und gesund.Nach Aufgaben gefragt, nennt die Interimspräsidentin die Wichtigkeit einer guten Infrastruktur für das in Rüthi rege Vereinsleben. Eine gute Anbindung des Dorfs an den öffentlichen Verkehr wünscht sie sich ebenfalls; die Verschlechterung des Angebots im Büchel, mit einem seit zwei Jahren nur stündlich statt halbstündlich verkehrenden Bus, bedauert sie. Auch die Gastronomie hat sie besonders im Blick; es gebe ja kaum noch Restaurants, die dem regen Vereinsleben Rechnung trügen.Seit Frühling 2013 ist Monika Eggenberger mit Kantonsrat Peter Eggenberger liiert, im November des gleichen Jahres zog sie nach Rüthi, zu ihm, und im März 2015 heirateten sie.Einst freie Mitarbeiterin einer TageszeitungAn Politik war Monika Eggenberger schon früh interessiert. Sie liest nicht nur seit Jugendtagen täglich Zeitung, sondern war mit zwanzig sogar freie Mitarbeiterin beim «Bülacher Tagblatt».Erst mit 43 wurde sie Parteimitglied. Es spielte auch der Zufall mit, eine neue Bekanntschaft.Zur Gesinnung, sagt sie, hätte auch die FDP gepasst. Doch mit jener Partei assoziiert sie das äusserlich Piekfeine. Monika Eggenberger «gefallen die bodenständigen Leute».

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.