Als die Männerriege 2002 in Liestal erstmals am Eidgenössischen Turnfest teilnahm, wurde die Vereinsleitung gerügt und bestraft. Die Gruppe war ohne einheitliches Tenü angetreten.Grosse Erfolge in jüngerer ZeitSeither war die Männerriege viermal am Eidgenössischen. «Wir haben immer alle mitgenommen», sagt Adrian Weder, der bis zum letzten Jahr während zwei Jahrzehnten als Oberturner gewirkt hatte. Nie habe jemand wegen seiner Leistung daheim bleiben müssen, «cheibe schö» sei es gewesen. Und als wäre es darum gegangen, die Auer Männerriege in den Jahren vor dem grossen Jubiläum auf Höchstform zu trimmen, verblüfften die Turner 2016 am Kreisturnfest im Gams, wo man es erstmals in die 1. Stärkeklasse schaffte.[caption_left: Am Eidgenössischen Turnfest 2007 in Frauenfeld nahm zum letzten Mal die alte Garde teil. Im Vordergrund ist Paul Steiger zu sehen. (Bild: pd)]Drei Jahre später gelang das Husarenstück. Erstmals waren an ein Eidgenössisches die Frauen mitgekommen – und siehe da, die Auerinnen und Auer erreichten das beste Resultat seit eh und je – in der ersten Stärkeklasse den 5. Rang.Notfalls zeitliche Abkürzung zur BeizAusgerechnet als blutjunger Verein hatte die Männerriege die grössten Probleme. Schon aufs erste Vereinsjahr blickte der damalige Aktuar klagend zurück, weil der Turnstundenbesuch sehr unbefriedigend gewesen war. Der junge Verein habe nicht so recht gedeihen mögen, schreibt Pius Rechsteiner in seiner soeben erschienenen Chronik, sondern sei auf 18 Mitglieder im Jahr 1931 geschrumpft.Einsatz und Mitwirkungsbereitschaft waren früher ein Dauerthema. Mitte der Sechzigerjahre trat der damalige Präsident wegen mangelnder Solidarität bei Fronarbeit sogar von seinem Amt zurück. Im Präsidialbericht über das Jahr 1977 hiess es, vier bis zehn Turner hätten jeweils an den Trainings teilgenommen; die von den Statuten beschriebene Voraussetzung für eine Vereinsauflösung war fast erfüllt.Pius Rechsteiner schreibt, von älteren Mitturnern sei zu erfahren, dass sie noch Ende der Siebzigerjahre in der Garderobe gebangt hätten, ob wenigstens vier Turner eintreffen. Falls ja, gab es Bänkli-Tschutten, andernfalls eine zeitliche Abkürzung ins Restaurant, zum Jassen. Auch 1938 war ein kritisches Jahr. Gerade mal acht Kameraden erschienen zu einer ausserordentlichen Versammlung, einmal mehr schien die Vereinsauflösung nah.Jeweils etwa dreissig Turner in der HalleIn den Achtzigerjahren war Schluss mit Jammern. Die Protokolle waren fortan frei von Klagen über die Beteiligung. 1995 kamen durchschnittlich 28 Turner ins Training. Und heute?Präsident Christoph Kempter spricht gern darüber. Die gut sechzig Aktiven der knapp hundert Mitglieder sind «mehr oder weniger regelmässig dabei». Das Durchschnittsalter ritzt an der 60-Jahre-Grenze, der jüngste Aktive ist unter vierzig, der älteste dreiundachtzig. In der Halle treffen sich jeweils rund dreissig Turner.Eine Grüppchenbildung möglichst vermiedenDas zweite wiederkehrende Thema sind die «Bälleler». Ganz früher die Faustballer, dann die Unihockeyspieler und Volleyballer. In der Chronik ist von Konfliktpotenzial die Rede. Denn kein Verein schätzt die Bildung von Sondergrüppli, man will die Zusammengehörigkeit nicht nur predigen, sondern tatsächlich zusammengehören.Selbstverständlich schliesst das eine das andere nicht aus; auch eine Männerriege mit Faustballteam oder Volleyballgruppe kann eine Einheit sein. Die Vereinsleitung braucht vielleicht etwas Fingerspitzengefühl und muss zwischendurch (für ein befruchtendes Miteinander) «echli e Gratwanderig» unternehmen.Das Ansehen der Faustballer aus Au war beachtlich. In den Dreissigerjahren gewannen sie dreimal hintereinander den kantonalen Wanderpreis. Faustball blieb wichtig, vor und nach 1970 erlebte Au nochmals ein Hoch – mit ersten Plätzen in Heerbrugg und Walzenhausen sowie weiteren Erfolgen. Dann war mit dem Faustball Schluss. Der damalige Oberturner hatte für diese Sportart nichts übrig.Turner gönnen sich einen eigenen MarschWährend andere Vereine Nachwuchssorgen haben, ist die Auer Männerriege beneidenswert robust. Die Turnstunden lassen sich dank der Aufteilung in drei Gruppen nach individuellen Interessen und der Stärke der einzelnen Teilnehmer gestalten.Kein Wunder, spricht Adrian Weder von einem guten modernen Schub auch für jüngere Turner. Dass die Riege sich einer beneidenswerten Konstitution erfreut, schlägt sich positiv aufs Vermögen nieder. Zu Beginn des letzten Jahres waren über 21000 Franken auf dem Konto, was teilweise die Meinung begünstigte, das viele Geld sei «zu verputzen».Nun ist es so weit. Die Riege, die fürs Jubiläum von der öffentlichen Hand bewusst kein Geld erbat, gönnt sich zwei richtig schöne Dinge. Das ist einerseits die Chronik «100 Jahre Männerriege Au» und anderseits ein Marsch. Der Marschmusikkomponist der Schweiz – mit Betonung auf «Der» – hat das Musikstück für die Auer komponiert. Es vorzustellen, wird natürlich zelebriert. Der Auer Musikverein Konkordia besorgt die Uraufführung an einem gemütlichen Fest, am Sonntag, 4. Juli. Dafür bekommen die Musikantinnen und Musikanten von der Männerriege eine von zwei Partituren geschenkt.