05.02.2020

Mit Lügen zu Schuldenbergen

Ein Rheinecker hat Frauen Geld abgeknöpft, um seine Spielsucht zu finanzieren. Nun stand er vor Gericht.

Von Jolanda Riedener
aktualisiert am 03.11.2022
Zu 55000 Franken ist ein heute 43-jähriger Rheinecker zwischen Februar und September 2015 gelangt – durch Lügen und Tricks, wie die Staatsanwaltschaft am Dienstag vor dem Kreisgericht Rorschach ausführte. Unter anderem habe er durch Lügen von mehreren Frauen grössere Geldbeträge erhalten. Bis heute habe er dieses gar nicht oder nur teilweise zurückbezahlt.Der Beschuldigte verbrachte 56 Tage in Untersuchungshaft, von September bis November 2015. «Die Zeit im Gefängnis hat mich zum Nachdenken gebracht», sagt er vor Gericht. Dies seien für ihn die schlimmsten zwei Monate gewesen, er habe sich dafür geschämt, was er getan habe. Die meisten Vorwürfe der Staatsanwaltschaft streitet der Beschuldigte dennoch ab, sein Anwalt fordert in fast allen Punkten Freispruch.Unter anderem wird ihm gewerbsmässiger Check- und Kreditkartenmissbrauch vorgeworfen. Bei der Migrosbank habe er mehrere Bankkonten eröffnet und mehrmals versucht, an verschiedenen Bancomaten Geld abzuheben. Obwohl sein Guthaben nur 248 Franken betrug, gelang es ihm, mit 27 Transaktionen 10693 Franken abzuheben. Die Verteidigung sieht darin kein Fehlverhalten des Beschuldigten: Die Migrosbank habe es versäumt, vor Abschluss der Konten eine Prüfung durchzuführen. Weiter habe der Beschuldigte nicht wissen können, dass es möglich sei, die Konten zu überziehen. Weiter habe er angenommen, dass ein Kollege 8000 Franken darauf einzahlte.Im Dezember 2014 sowie Anfang 2015 kaufte der Beschuldigte von einer Privatperson zwei Autos. Nach einer Anzahlung von 2000 Franken seien die Fahrzeuge bis heute nicht abbezahlt oder zurückgegeben worden. Der Beschuldigte widerspricht: «Das ist erledigt.» Gemäss Verteidiger sei der Verkäufer beweispflichtig.Vertrauen aufgebaut und Geld erhaltenIm Juni hatte der Beschuldigte vermehrt Kontakt zu einer Frau, die er im Internet kennen gelernt hatte. Er habe ihr gesagt, dass er an Lungenkrebs leide und Chemotherapien machen müsse. Sie gab ihm Geld für neue Möbel, die er ihr versprochen hatte. Diese seien aber nie angekommen. Der Beschuldigte sagt, er habe sie gefragt, ob sie ihm Geld leiht. Darauf habe sie ihm 880 Franken gegeben.  Im Sommer 2015 war der Beschuldigte Patient in einer Rehaklinik. Dort buchte er ein Upgrade in der Meinung, er könne nach dem Aufenthalt wieder arbeiten und den Zuschlag abbezahlen. Während dieser Zeit lernte er auch eine Patientin kennen. «Wir haben uns gut verstanden und Zeit zusammen verbracht», sagt er. Insgesamt habe er von ihr in dieser Zeit 14350 Franken erhalten. Zum Beispiel habe er ihr erzählt, dass ein Freund wegen eines schweren Töffunfalls im Spital Chur liege. Er benötige Geld fürs Taxi, um ihn zu besuchen. Der Beschuldigte verlangte darauf immer wieder Geld von der Patientin und versprach ihr, die Beträge am Handy umgehend zu überweisen. Bis heute habe er ihr nichts zurückbezahlt. Die Frau ist im Gerichtssaal anwesend. Es tue ihm leid. Er habe ihr einen Brief schreiben wollen, der Kontakt zu ihr sei ihm aber untersagt gewesen. «Ich habe gedacht, ich tue etwas Gutes»Der Beschuldigte lernte eine andere Patientin der Rehaklinik kennen. Mit ihr führte er eine Liebesbeziehung. Er erzählte ihr, er habe Lungenkrebs und arbeite für eine italienische Spezialeinheit. Sie gab ihm Zugang zu ihren Bankkarten und lieh ihm Geld. Ausserdem habe er Waren im Wert von rund 13700 Franken auf ihren Namen bestellt. Sie hätten die Sachen zusammen bestellt, entgegnet der Beschuldigte. Weiter erhielt der Sohn der Frau von der Grossmutter 1500 Franken für einen neuen Computer. Der Beschuldigte habe das Geld genommen und dem Teenager versprochen, ihm einen besseren PC zu kaufen. Stattdessen habe er das Geld für Lebensmittel für die Familie ausgegeben, gibt er an. An vieles könne er sich nicht mehr so genau erinnern. Die «Geschichten», die er den Frauen erzählt haben soll, streitet er ab. Er habe aber seine finanzielle Situation jeweils offen gelegt, wenn er nach Geld gefragt habe. Er arbeite an sich. Die Spielsucht habe er mittlerweile im Griff, er wette nur noch tiefe Beträge, ein paar Mal im Monat.Die Staatsanwaltschaft fordert eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten unter einer Probezeit von vier Jahren und eine Busse von 1000 Franken. Das Urteil wird frühestens in zwei Wochen erwartet, es kann ans Kantonsgericht weitergezogen werden.

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.