Kurt LatzerAls die Titanic am 31. Mai 1911 bei der Werft von Harland & Wolff in Belfast vom Stapel lief, hatte die MS Altenrhein schon fast ein Jahr lang Kies vom Rhein in den Staader Hafen transportiert. Obwohl sie unterschiedlichen Zwecken dienten, haben der Ozeanriese und das kleine Frachtschiff etwas gemeinsam. Wie einst die Titanic werden die Stahlplatten der Altenrhein von glühend eingehämmerten Nieten zusammengehalten. Das einst grösste Passagierschiff der Welt hat 52310 Tonnen gewogen. Etwa 90-mal mehr Gewicht als das der Titanic hat das Kiesschiff Altenrhein während seiner gut 70-jährigen Dienstzeit getragen. Erbaut in der Werft Vogt-Gut in Arbon, wurde die «Altenrhein» am Montag, 4. Juli, 1910, in Dienst gestellt. Dieser Tag jedenfalls ist auf dem Fahrzeugausweis als «Erstinverkehrssetzung» eingetragen.MS Altenrhein – ein Stück Kulturgut«Es sind keine Reichen, die sich als Hobby ein Kiesschiff leisten, um damit auf dem See Party zu machen», sagt Josef Böck, Schiffsführer und Mitglied der Genossenschaft zum Erhalt des Kiesschiffes MS Altenrhein (geksa). Ziel der Unternehmer und Gönner war und ist es, der Nachwelt ein besonderes Stück schwimmende Geschichte – ein Kulturgut – zu erhalten. Seit Gründung der Genossenschaft 2016 haben die Mitglieder und Gönner nicht nur viel Geld in die Sanierung gesteckt, sondern bei der Fronarbeit auch viel Schweiss vergossen.«In den letzten zwei Jahren haben wir die komplette Elektrik erneuert, in der Werft in Romanshorn den Rumpf überholt und die Schale messen lassen», sagt Josef Böck. Zudem hat das Schiff Bugstrahlruder und eine 220-Volt-Stromversorgung sowie ein neues Radar bekommen. Auf dem 25,5 Meter langen Kiesfrachter dürfen zwanzig Personen plus Schiffsführer und ein Matrose fahren.Erstmals der Öffentlichkeit vorstellenJosef Böck sagt: «Sehr wichtig zu erwähnen ist: Das Schiff dient keinen kommerziellen Zwecken.» Jedermann, der Lust hat, mit der MS Altenrhein in See zu stechen, könne mit der Genossenschaft Kontakt aufnehmen und gegen eine Spende mitfahren. Absolut gratis sind die Fahrten an den Arbon Classics an diesem Wochenende. Nach abgeschlossener Überholung will die Genossenschaft ihr Schiff erstmals in grossem Rahmen der Öffentlichkeit präsentieren. «Die Bevölkerung soll an der Geschichte der Altenrhein, unserer Arbeit und Leidenschaft teilhaben», sagt der Schiffsführer, während er das Ruder leicht bewegt. Das grosse hölzerne Steuerrad ist ebenso original wie die Lenzpumpe und die Wellenschmierung im Bauch des Kiesschiffes. Von all dem und vielem mehr können sich die Passagiere des Kiesschiffes MS Altenrhein in Arbon selbst ein Bild machen.«Die Leute können nicht nur mitfahren, sondern sich alles an Bord ansehen», sagt Josef Böck. Angst, dieses Wochenende von Besucherinnen und Besuchern überrannt zu werden, hat der Schiffsführer nicht: «Wenn das doch der Fall sein sollte, freue ich mich umso mehr», sagt Josef Böck mit einem Lächeln.HinweisMorgen Samstag, 5. Mai, und Sonntag, 6. Mai, fährt die MS Altenrhein zwischen 9 und ca. 17 Uhr von der Dampfermole in Arbon aus immer wieder auf den See. Die Fahrten sind gratis.