20.10.2019

Mit Glanzresultat abgewählt

Die SVP Rheintal erlebte am Wahlsonntag ein Wechselbad der Gefühle, die CVP litt im Rheintal besonders.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Gert BrudererDass die Grünen zulegen würden, war zu erwarten gewesen, doch das Rheintal hatte an diesem Erfolg keinen besonderen Anteil. Allerdings gilt, was der Altstätter Grüne Meinrad Gschwend zu Hause erlebte, durchs Band: Alle namhaften Kandidaten, gleich welcher Partei, schnitten – gemessen an den Resultaten innerhalb ihrer Partei – in ihrer eigenen Wohngemeinde stark ab.Selbst Britschgi schnitt zu Hause hervorragend abLaura Bucher aus St. Margrethen erhielt zu Hause fast doppelt so viele Stimmen wie der nächstbeste SP-Vertreter, selbst FDP-Kandidat Stefan Britschgi kann sich daheim über ein Glanzresultat freuen, obschon der Gemüseproduzent mit seinem Hallenprojekt auf enormen Widerstand gestossen war. Kantonsweit erhielt Britschgi innerparteilich am viertmeisten Stimmen.Thomas Ammann im Rheintal besonders starkDen parteiinternen Zweikampf zwischen den Rheintaler CVP-Nationalräten Markus Ritter und Thomas Ammann entschied zwar Bauernpräsident Ritter für sich; im Rheintal allerdings lag Ammann in fast allen Gemeinden vor seinem Kollegen, sogar in Ritters Wohnort Altstätten. (Balgach veröffentlichte als einzige Rheintaler Gemeinde die Stimmenzahlen der einzelnen Nationalratskandidaten nicht, und in Eichberg lagen Ammann und Ritter mit je 195 Stimmen gleichauf.)Bitter für Ammann: Er schaffte – obschon CVP-Kandidat mit dem zweitbesten innerparteilichen Resultat – die Wiederwahl nicht, weil die CVP einen ihrer drei St. Galler Nationalratssitze verlor und den zweiten Sitz der beste Kandidat der CVP-Liste Nordwest zugesprochen erhält.Hess: «Demokratie kann manchmal brutal sein»Ammann selbst hatte die Parteistrategie gutgeheissen; im Vordergrund stehe das Teamwork, meinte er gestern, und sein Bruder Alfons meinte pragmatisch: «En Sitz verlüre chasch o mit annara Lischte.» Andere fügten hinzu, es sei halt wirklich «dumm gelaufen», und Sandro Hess, der Präsident der CVP Rheintal, sagte: «Demokratie kann manchmal brutal sein.»Hess selbst erzielte wie sein Widnauer Parteikollege Patrick Dürr ein achtbares Resultat.«Das Leben geht weiter, schauen wir vorwärts»Thomas Ammann gratulierte Markus Ritter, sprach von einem «persönlichen Glanzresultat», gab seiner Enttäuschung Ausdruck, meinte «Das Leben geht weiter», es gelte nun, vorwärts zu schauen, auch nach einem solchen Moment werde es wieder mal Sonnenschein geben.Davon geht auch Markus Ritter aus, der darauf hinwies, dass die Partei trotz des Sitzverlusts auf gutem Weg sei und sie im Kanton St.Gallen einen seit langem erstmals wieder gestiegenen Wähleranteil verzeichne, gerade im Rheintal habe die CVP in manchen Gemeinden kräftig zugelegt. (Schweizweit hat die CVP allerdings minimal verloren, -0,3 Prozent.)Mike Egger: Unnötig gezittertDer Bernecker Mike Egger, der erst dieses Jahr für Toni Brunner in den Nationalrat nachrücken konnte, erzielte in seinem Wohnort ein besonders glanzvolles Ergebnis: Mit 763 Stimmen erreichte er gut doppelt so viele Stimmen wie der in Berneck zweitplatzierte SVP-Vertreter. Egger meinte, er sage immer: «Steht das eigene Dorf hinter dir, kannst du ein so schlechter Mensch nicht sein.»Um 14.45 Uhr begrüsste Egger den Journalisten allerdings mit einer Miene, die auf Enttäuschung schliessen liess. Kurz davor war die Meldung eingegangen, gemäss Hochrechnung könnte die SVP einen Sitz verlieren. Eggers Wahlkampfleiter Lukas Huber aus Unterwasser hatte zwar das Ziel formuliert, der Bernecker möge am Wahltag erledigt sein, allerdings war das ausschliesslich als Folge aussergewöhnlichen Einsatzes gemeint. Über 300 Veranstaltungen besuchte Mike Egger in diesem Jahr, zunächst als Kandidat für die Ständeratswahlen im Frühling, sodann im Hinblick auf die Nationalratswahlen.Den eigenen Verlust und den eines weiteren bürgerlichen Sitzes, meinte Egger, würde man im politischen Alltag schon spüren, vor allem in den Kommissionen. Der 27-Jährige bewies Galgenhumor, indem er sein allfälliges Ausscheiden aus dem Nationalrat so kommentierte: «Ich wäre der jüngste alt Nationalrat, das wäre doch auch etwas.»Im Lokal von Wein Berneck, wo SVP-Mitglieder und -Sympathisanten am Wahlsonntag zusammensassen, drückte der Widnauer Werner Heule seine Enttäuschung über die Wahlbeteiligung aus, aber die Stimmung war nicht gedrückt. Seine Frau Conny meinte, was jetzt vielleicht verloren gehe, gewinne man eben in vier Jahren zurück, Politik sei ein Auf und Ab, und Kandidat Walter Freund aus Eichberg lachte herzhaft.Später das grosse persönliche Aufatmen: Mike Egger schaffte das zweitbeste Ergebnis, hinter Lukas Reimann, aber vor Roland Büchel und Esther Friedli.Mit Büchels Abschneiden als Ständeratskandidat war man in Berneck sehr zufrieden. Der Oberrieter erreichte den dritten Platz, hinter den Bisherigen Beni Würth und Paul Rechsteiner, die aber das absolute Mehr nicht erreichten, so dass es zum erwarteten zweiten Wahlgang kommt.Das Rheintal, das nach dem Nachrücken Mike Eggers in den Nationalrat (für Toni Brunner) vorübergehend vier von insgesamt zwölf St. Galler Nationalräten stellte, hat nun wieder drei Bundesparlamentarier: Markus Ritter, Mike Egger und Roland Büchel.

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