Die Rüthner Ortsparteien muteten den Wählerinnen und Wählern am Montag nicht gerade wenig zu: In die Mehrzweckhalle Bündt, wo das Wahlpodium mit den drei Kandidatinnen fürs Gemeindepräsidium stattfand, wurde nur eingelassen, wer sich vorgängig angemeldet hatte und wer eine Schutzmaske trug – und diese auch während des ganzen Abends anbehielt. Dass trotz der Unannehmlichkeiten der Corona-Schutzmassnahmen über 130 Interessierte kamen und die Halle entsprechend gut besetzt war, zeigt, wie wichtig die bevorstehende Wahl den Rüthnerinnen und Rüthnern ist. Zu beantworten hatten Monika Eggenberger, Simona Schawalder und Irene Schocher Fragen unter anderem zu ihrem Führungsstil, zum Wachstum der Gemeinde in den letzten Jahren und den Problemen, die sich daraus ergeben, zu ihrer Einstellung zum Ausbau des Mobilfunknetzes oder auch zum gesellschaftlichen Leben der Dorfgemeinschaft. Eggenberger: «Ziel muss eine Kita im Dorf sein»Weil die Kandidatenauswahl aus gleich drei berufstätigen Frauen besteht, hatte die ausserschulische Kinderbetreuung für einmal einen besonderen Stellenwert – manche Mutter und vielleicht auch manch ein Vater mag sich gesagt haben: «Endlich einmal!»Die Schule Rüthi bietet gerade erst seit kurzem viermal die Woche einen Mittagstisch an. Für Monika Eggenberger, die das Gemeindepräsidium momentan interimsweise inne hat, ist der Mittagstisch allerdings erst ein erster Schritt. Ziel müsse eine Kindertagesstätte in Rüthi selbst sein, stellte sie fest. Heute werden Rüthner Kinder von der Kita Wunderland in Montlingen betreut.Eggenbergers Statement ist insofern bemerkenswert, weil sie SVP-Politikerin ist und früher (nachdem sie aus der Bankwirtschaft in die Politik gewechselt war) sogar Geschäftsführerin ihrer Kantonalpartei war, einer Partei, die sich sonst gegen eine Kinderbetreuung durch das Gemeinwesen ausspricht.Für Monika Eggenberger stellen solche Angebote aber einen Standortfaktor dar, welcher – ebenso wie eine gute Anbindung des Dorfs an den öffentlichen Verkehr – für potenzielle steuerkräftige Zuzüger ein Kriterium für die Wohnortwahl sein kann. Und nur mit dem Zuzug steuerkräftiger Zuzüger und der Ansiedlung prosperierender Firmen lasse sich die Finanzlage der Gemeinde verbessern, erklärte sie.Irene Schocher, die bei der Warenhauskette Manor Karriere gemacht hat, wäre froh gewesen, hätte es vor 20 Jahren bereits solche Kinderbetreuungsangebote gegeben. Heute sind sie für sie nötiger denn je, weil erst solche Angebote es jungen Familienfrauen ermöglichten, zu arbeiten. «Und diese oft sehr gut ausgebildeten jungen Frauen brauchen wir», betonte sie. Irene Schocher wurde von der FDP portiert. Sie gehört der Partei allerdings erst seit kurzem an. Ihr Arbeitgeber lege Wert auf politische Unabhängigkeit, erklärte sie. Simona Schawalder hat selbst ein Kind in der Kita. «Heute ist dieses Angebot eine Notwendigkeit», hielt auch sie fest. Und auch sie betonte den Zusammenhang mit den Steuereinnahmen: «Die Kinderbetreuung erlaubt es Frauen, zu entscheiden, ob sie berufstätig sein wollen oder nicht.» Sie selbst arbeitet als Juristin in Teilzeit bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Kesb in Altstätten. Das Wachstum der letzten Jahre sehen alle drei Kandidatinnen weniger als Problem, denn als Chance oder Herausforderung – beispielsweise als solche zur Lösung der Schulraumfrage. «Letztlich brauchen wir eine tragfähige Lösung, die auch vor den Stimmbürgern bestehen kann», sagte Simona Schawalder.Doch nicht nur die Schule braucht mehr Platz, auch die Vereine haben Bedarf. Das Projekt für ein neues Clubhaus auf dem Sportareal Rheinblick wurde von den Stimmbürgern zwar an der Urne versenkt. Simona Schawalder bekannte, das Projekt befürwortet zu haben, Irene Schocher als «Vereinsmensch» sowieso. Mit dem Abstimmungsverdikt sei der Auftrag, das Projekt zu reduzieren, aber klar, meinte Schawalder. Und Schocher ist überzeugt, dass die Rüthner zu einem neuen Projekt, das zu begeistern vermöge, ja sagen werden.Schawalder: «Technologiesprung nicht verpassenNicht festlegen wollten sich die drei Kandidatinnen hinsichtlich des geplanten Ausbaus des Mobilfunknetzes in Rüthi. Alle drei machen ihre Meinung vom Standort abhängig; grundsätzlich ablehnen, mag den Ausbau keine von ihnen. «Wir dürfen den Technologiesprung nicht verpassen», sagt Simona Schawalder. «Und man kann keine Technik fordern, die Infrastruktur dazu aber ablehnen», gibt auch Monika Eggenberger zu Bedenken. Es gebe durchaus Gebiete in Rüthi, wo der Empfang heute ungenügend sei. Irene Schocher, die Vizepräsidentin der Ortsgemeinde Rüthi ist, welche der Swisscom bei den Sportanlagen draussen Boden für eine Antenne zur Verfügung stellen würde, wünschte sich eine klarere Haltung der Landesregierung. Sie hofft auf eine aufschlussreiche Informationsveranstaltung, welche die Ortsgemeinde noch durchführen möchte.Was die Gegner der geplanten Bauaushubdeponie Neufeld freut: Alle Kandidatinnen zeigten sich skeptisch. Dürfte sie grad entscheiden, würde sie eine solche dort nicht bewilligen, sagt selbst Monika Eggenberger. Sie hat sich als Interimsgemeindepräsidentin freilich an die rechtlichen Rahmenbedingungen zu halten. Dennoch sind die Einsprachen der Gegner inzwischen gutgeheissen worden, wurde an diesem Abend bekannt. Allerdings wegen formeller Fehler im Gesuch. Ob es bei der Ablehnung der Deponie bleiben wird, wird sich erst noch weisen müssen.Schocher: «Auch Fusionen kosten»Auch einer von Moderator Gert Bruderer in den Raum gestellten Fusion mit einer Nachbargemeinde stehen die drei Frauen skeptisch gegenüber. «Es wird sicher kein Legislaturziel sein», meinte Simona Schawalder, Irene Schocher ist zudem der Ansicht, dass jede Fusion nicht nur Sparpotenzial bietet, sondern auch kostet. «Vor- und Nachteile müssten genau analysiert werden», meinte sie. Auch Monika Eggenberger sieht die Fusion nicht. Rüthi sei aber finanziell in einer schwierigen Situation. Ausserdem sei die Personaldecke der Verwaltung dünn. Stellvertretungen seien oft nur schwierig zu gewährleisten. Sie hält es darum für möglich, dass – selbst wenn es zu keinem politischen Zusammenschluss kommt – auf Verwaltungsebene eine gemeindeübergreifende Reorganisation ins Auge gefasst werden muss.Kritik wurde laut wegen der kürzlich ausgeschriebenen Stelle für einen Bauverwalter. Alt Gemeinderat Martin Büchel ist der Ansicht, die Stelle sollte erst durch den neuen Gemeinderat besetzt werden. So lange könne nicht zugewartet werden; die Stellenbesetzung sei dringlich, entgegnete Monika Eggenberger. Täte man es nicht, wäre die Gemeinde ab Neujahr über Monate nicht in der Lage, Baugesuche zu bewilligen.Rüthi steht vor einer spannenden Wahl. Nicht nur weil sich gleich drei Frauen fürs Gemeindepräsidium bewerben. Das Wahlpodium am Montag zeigte, dass es sich um starke Kandidatinnen handelt. Jede von ihnen zeigt Rückgrat, tritt selbstbewusst auf und beantwortet Fragen eloquent. Und jede von ihnen hat einen beachtlichen beruflichen Leistungsausweis. Das Wahlpodium hat die Entscheidung aber nicht unbedingt leichter gemacht: Die Meinungen der drei Kandidatinnen scheinen sich nicht wesentlich zu unterscheiden. Unterschiede waren während des Podiums allenfalls noch in der Art und Weise des Auftretens auszumachen. Man darf gespannt sein, welche der drei Frauen die Rüthnerinnen und Rüthner letztlich zu ihrer neuen Gemeindepräsidentin machen.