07.07.2019

Mit dem Rennvelo auf den «Mount Everest»

Noé Dürr, Gabriel Kuster und Peter Inauen nahmen die Herausforderung an, innert 24 Stunden 8848 Höhenmeter zu überwinden.

Von Remo Zollinger
aktualisiert am 03.11.2022
«Mir macht so etwas Spass»: Das sagt der 18-jährige Gabriel Kuster, darauf angesprochen, warum er mit zwei Kollegen an der Challenge mit dem Namen «everesting.cc» mitgemacht hat. Mit dem Eichberger Noé Dürr (16-jährig) und dem Gaiser Peter Inauen (22) startete er am letzten Freitag um 19 Uhr in Altstätten. Alle drei bezeichneten die Challenge als ihr Saisonhöhepunkt. «Etwas Verrückteres kommt sicher nicht mehr», sagt Noé Dürr.Für die drei Radsportler galt es, innerhalb von 24 Stunden auf der immer gleichen Strecke so viele Höhenmeter per Rennrad zurückzulegen wie der Mount Everest hoch ist. Das sind 8848 Meter. Oder 18-mal den Ruppen bis zur Landmark hinauf und dann wieder hinunter – nur um danach gleich wieder hinaufzufahren.Nicht nur die Höhenmeter waren stark forderndDie drei fuhren über Nacht, weil es sonst zu heiss geworden wäre. Wohl führte das zu angenehmeren Temperaturen, dafür gab es neue Herausforderungen. Zum Beispiel: Wach zu bleiben. «Einmal hatte ich einen Sekundenschlaf beim Aufstieg», sagt Gabriel Kuster. Danach sei es aber wieder gut gegangen, weil er die Müdigkeit verdrängt habe. Peter Inauen sagt: «Es war spürbar, wie der Körper in den Nachtstunden herunterfährt. Am Morgen ging es dann wieder besser.»Noé Dürr hatte mit anderen Problemen zu kämpfen. Er hatte sich kurz vor der Challenge am Fuss verletzt, weshalb er nach 3000 überwundenen Höhenmetern aufgeben musste. «Im ersten Moment war das sehr hart, aber es hätte keinen Sinn ergeben, so nochmals 5500 Höhenmeter zu machen. Ich kann die Challenge ja nachholen», sagt der Eichberger, der soeben die Oberstufe abgeschlossen hat und nun eine Lehre als Hochbauzeichner beginnt. Gabriel Kuster und Peter Inauen haben ihm schon versprochen, mit ihm die Challenge noch ein zweites Mal zu machen.Die Begleitung von Kollegen war Gold wertZurück in die Nacht. Da erlebten Gabriel Kuster und Peter Inauen ein Tief. «Ich habe gefroren und wollte nur noch schlafen», sagt Gabriel Kuster. Auch Peter Inauen, der als Maurer am Tag der Challenge noch acht Stunden an praller Sonne auf dem Bau gearbeitet hatte, bekam es mit der Müdigkeit zu tun. «Die physische Belastung war natürlich spürbar. Es ist aber eindrücklich, wie leistungsfähig der Körper ist, wenn der Wille da ist. Und vor allem, wie wichtig der Kopf dabei ist», sagt er.Stark geholfen hat die Unterstützung, die die drei aus dem Team erfahren haben. Gabriel Kuster und Noé Dürr gehören zum Ostschweiz Druck Stevens Biketeam, dessen Mitglieder die Challenge-Teilnehmer während der 14½ Stunden Fahrt fast durchgehend begleitet haben. Eine besondere Hilfe, sagt Gabriel Kuster, sei ein Kollege gewesen, der in der Nacht um drei Uhr auftauchte und die drei bis zum Ende begleitet hat. Auch dadurch war das Nacht-Tief bald vorbei, ehe die finale Phase am Samstagmorgen begann. In dieser trafen die Sportler wieder die Bauarbeiter, denen sie am Tag zuvor aufgefallen waren: Sie waren mehrfach an einem Aufrichtfest vorbeigefahren und hatten den Arbeitern zugerufen, sie würden am nächsten Morgen immer noch auf dem Velo sein.Ein Versprechen, dessen Einhaltung das Erfüllen der Challenge bedeutet. 9019 Höhenmeter überwanden Gabriel Kuster und Peter Inauen, bis die Challenge um 11.30 Uhr beendet war. Dabei legten sie 287 Kilometer zurück. «So weit bin ich noch gar nie gefahren», sagt Gabriel Kuster. Der Automobilmechatronik-Lehrling ist mehr auf dem Mountainbike als mit dem Rennvelo unterwegs, auf der Strasse trainiert er hauptsächlich. Für die Everest-Challenge hat’s aber gereicht – und strenger als das geht’s ja kaum.Die Ernährung bestand aus Gummibärli und ColaIn der Schlussphase der Challenge war dann auch Noé Dürr wieder dabei. Er begleitete seine beiden Kollegen auf den letzten Fahrten auf einem E-Bike und konnte dabei sein, als die beiden das Ziel erreichten. So gehörte er zu den ersten von vielen Gratulanten. Teamkollegen und Freunde klopften den beiden auf die Schulter und freuten sich mit. «Natürlich haben viele vor dem Start erstaunt den Kopf geschüttelt», sagt Gabriel Kuster, «aber alle haben uns ermutigt. Und alle haben sich mit uns gefreut, als wir das Ziel erreicht hatten.»Er sagt, er habe vielen versprechen müssen, dann aufzuhören, wenn es nicht mehr geht. Schliesslich fordert eine so lange Aktivität den Körper erheblich. In Altstätten konnten sie immer auf Nahrungsvorräte zurückgreifen. Nur seien die vorbereiteten Sandwiches nicht die beste Idee gewesen: «Mir sind sie gar nicht bekommen, ich musste häufiger aufs WC als sonst», sagt Peter Inauen. So bestand die Ernährung der beiden schliesslich hauptsächlich aus Gummibärli und Cola. Zucker und Koffein: Das liefert die letzte nötige Energie. Die Energie dafür, sich nun einer von weltweit 3394 Finisher der Everest-Challenge nennen zu dürfen. In der Schweiz haben erst 37 Personen diese Challenge absolviert.Doch trotz des Saisonhöhepunkts: Für Gabriel Kuster und Noé Dürr geht an den nächsten Wochenenden die Saison im Ostschweiz Druck Stevens Biketeam weiter. Peter Inauen, der erst vor vier Jahren mit dem Radsport angefangen hat, sucht noch ein Team. Die Everest-Challenge macht sich dabei auf der Visitenkarte bestimmt gut.

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