05.12.2019

Miri schaffte es aufs Titelblatt

Die gelernte Coiffeuse Mirdita Thaqi baut Torten. Die Zahl ihrer Instagram Follower schoss auf 48000 hoch.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Gert BrudererNoch im Mai waren es 5800. Seither sind die Medien auf die 38-Jährige aufmerksam geworden. Im Juli hatte sie ein zwanzigminütiges Interview beim albanischen Fernsehsender Top Channel, im November war sie gross auf der Titelseite einer auflagenstarken Zeitschrift abgebildet.Mirdita Thaqi ist in Rebstein aufgewachsen, zusammen mit zwei Schwestern und einem Bruder. Nach der Lehre bei Peter Sieber arbeitete sie bei Christof Büchel im damaligen Lüchinger BP-Shop. Dort fing sie an, Brownies, Cookies, Cup-cakes, Wraps und viele andere Backwaren herzustellen, auch der Bienenstich war eine Spezialität.Alle sollten die prächtigen Torten sehenAls Kunden nach Torten fragten, reagierte sie auf die Nachfrage mit einem neuen Angebot. Zu Beginn gab es Fruchttorten und Schwarzwäldertorten – je drei an einem Sonntag. Bis dahin hatte Miri, wie Mirdita Thaqi genannt werden möchte, vom Tortenmachen keine Ahnung. Die Rezepte und wie sie als frischbackene Konditorin vorzugehen hatte, lernte sie bei Youtube rasch. «Die Torten kamen sehr gut an», sagt Miri, also habe sie das Sortiment bald ausgebaut.Ihren Instagram-Account miri-frommybaguette betreibt die Tortenbauerin seit vier Jahren. Bei einem Besuch in Wien meinte die dort lebende Cousine, die Leute sollten die prächtigen Torten zu sehen bekommen, also zeigte die Cousine der Rheintalerin, wie Instagram funktioniert – «so fing es an».Arbeit und Privates fliesst ineinanderAls Christof Büchels Zeit im BP-Shop zu Ende war und er im Zentrum in Heerbrugg mybaguette eröffnete, kam Miri Thaqi mit. Cupcakes gab es immer mittwochs, und recht viele Kunden kamen stets an diesem Wochentag.Den Erfolg seiner Geschäftskollegin, die soeben in Rorschach ein Geschäft eröffnet hat, erklärt Büchel mit ihrer Natürlichkeit und ihrem Schwung. Sie betreibe bei Instagram «keinen typischen Tortenaccount», sondern lasse Arbeit und Privates ineinanderfliessen.Warum auch nicht, bemerkt die Tortenbauerin. Arbeiten habe sie nie als ein Müssen empfunden, und die Arbeit sei auch nicht zu einer bestimmten Zeit zu Ende, sondern immer, wenn der Job erledigt sei.Auf Instagram ist Miri öfter bei der Arbeit zu erleben, in der immer aufgeräumten Küche, ohne Make-up, manchmal singt sie, ohne jeden Ton zu treffen, Singen macht ihr eben Spass. Sie lässt ihre Follower wissen, wie sie sich fühlt, steht auch einmal im Pyji vor der Kamera, sie sagt «Ich bin halt einfach, wie ich bin», die Leute schätzten das. Als mybaguette in Heerbrugg im Mai geschlossen wurde, fragte sich die 38-Jährige: Wie ihren zu jenem Zeitpunkt 5800 Followern erklären, dass der Laden und somit sie selbst nun nicht mehr anzutreffen waren? Ein kurzes Video gibt die Antwort. Es zeigt Miri Thaqi, wie sie mit einer Torte in ihre Küche geht und erklärt, ab sofort mache sie ihre süssen Bauwerke hier. Bis zu zwölf Torten pro Tag sind in der eigenen Küche entstanden.«Es hat nur noch geblinkt auf dem Handy», sagt Miri, die Zahl der Instagram-Follower stieg rasant. Heute erhält sie von ihren Fans täglich 800 Nachrichten – so viele, dass es ihr nicht mehr möglich ist, sie zu beantworten.Ihr geschäftlicher Weggefährte Christof Büchel ist auch in Rorschach dabei. Er kümmert sich um Administratives und liefert die Torten aus – in der ganzen Schweiz. Zwei Torten gingen an die berühmt-berüchtigte Rapperin Loredana, und in Winterthur war eine Torte für 200 Gäste gewünscht. Diese kostete 2500 Franken.Miri ist vielen Frauen ein VorbildDie kosovarischen Wurzeln der kreativen Geschäftsfrau begünstigten ihre Popularität bei der balkanstämmigen Kundschaft. Dass 73 Prozent ihrer Follower Frauen sind, erstaunt die Tortenbauerin nicht. Nicht nur sie selbst, sagt sie, habe es im Leben nicht leicht gehabt, sondern generell falle es Frauen aus ihrem Kulturkreis eher schwer, das eigene Leben nach eigenem Gusto zu gestalten, wie sie es seit langem tue. Umso mehr, als Miri erfolgreich ist, sehen viele sie als Vorbild.Pro Monat stellt Mirdita Thaqi 70 bis 80 Toren her, zudem viele beschriftete Cookies, Cake-Pops, Cupcakes und vieles mehr. Viele ihrer Kreationen werden für Feste bestellt, für Geburtstage vor allem. Christof Büchel erklärt den Zusammenhang mit den Sozialen Medien: Für sie «muesch e guets Foti ha» – und was eignet sich hierfür an einem Geburtstag besser als eine besondere Torte?«Ich bin keine Kopierfabrik»Es gibt Kunden, die rücken mit Plänen an und wissen genau, wie ihre Torte aussehen soll. Doch sie sei «keine Kopierfabrik», wie Miri sagt, sie baue das konkret Gewünschte ungefähr gemäss dem Wunsch.Als Instagramerin wundert sie sich, was Menschen alles von ihr wissen wollen: Woher sie eine bestimmte Lampe habe, die auf einem Foto zu sehen ist, oder woher ein bestimmter Schrank stamme. «Längst geht es nicht mehr nur um meine Torten», sagt sie, denn inzwischen sind auch sie selbst und ihr Alltag eine Art Kunstwerk geworden. Sicher zehnmal täglich werde sie gefragt, ob sie auch Kurse gebe, sagt sie. Ja, das werde sie, doch Vorrang hat gerade etwas anderes: Mirdita Thaqi lebt sich erst in Rorschach ein. Wie sie das macht? Siehe Instagram.

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