«Unser Ziel ist, dass die Menschen, die in finanziell bescheidenen Verhältnissen leben, durch die Unterstützung vom A-Treff etwas entlastet werden», sagt Maria Garcia Silva. Die Diepoldsauerin leitet seit November letztes Jahr den A-Treff in Heerbrugg. Sie erinnert sich an eine Familie, die sehr stolz ist, nicht mehr von der Sozialhilfe abhängig zu sein. Oder an den Flüchtling, der lange auf die Bewilligung warten musste und Hilfe beim Ausfüllen der Papiere brauchte. «Ich freue mich sehr, dass er nun eine Arbeitsstelle gefunden hat.» Oder an jene Frau, die zwar wieder arbeitet, aber Angst hat, dass es nicht reicht. Sie darf weiterhin Lebensmittel holen, macht aber immer seltener davon Gebrauch.
Manche haben Tragisches erlebt
«Mir ist wichtig, dass die Menschen bei uns eine herzliche Atmosphäre vorfinden und sich wohlfühlen», betont die dreifache Mutter.
Der Wert eines Menschen hat nichts mit seinen finanziellen Umständen zu tun
Man wisse nie, was ein Mensch schon erlebt habe, welche Geschichte dahinterstecke. Manche hätten tragische Schicksalsschläge erlebt. Maria Garcia Silva wünscht sich auch, dass Menschen aus der Schweiz nicht aus Schamgefühl auf die Unterstützung verzichten. «Menschen aus unserer Kultur haben eine grössere Hemmschwelle. Vor allem ältere Leute, die Ergänzungsleistungen oder IV beziehen, kommen selten.»
Wer Kleider oder Lebensmittel im A-Treff beziehen will, braucht einen A-Treff-Ausweis der Wohngemeinde. Im vergangenen Jahr hat Maria Garcia Silva eingeführt, dass auch Working poor – also Menschen, die trotz Arbeit unter dem Existenzminimum leben – von den Abgaben profitieren können. Normalerweise findet jeweils am Mittwoch von 9 bis 11 Uhr die Lebensmittelabgabe für ukrainische Flüchtlinge statt. Am Tag nach Allerheiligen ist es allerdings ungewöhnlich ruhig. Wegen des Feiertags hat die Schweizer Tafel am Dienstag keine Lebensmittel geliefert. Dafür gab es in der Vorwoche die doppelte Ration, die für zwei Wochen reichen muss. Da die Schweizer Grossverteiler immer weniger Esswaren übrig haben, reichen die Mengen an Milch, Eier und Fleisch, welche die Schweizer Tafel liefert, nicht aus.
Lebensmittel werden zugekauft
Deshalb muss der A-Treff Esswaren zukaufen. «Wir kaufen, was Aktion ist, zum Beispiel kiloweise Reis. Und wochenweise Eier und Milch», sagt die Leiterin. Kürzlich hat ihr eine Nachbarin drei Einkaufstaschen voll Teigwaren geschenkt. «Das schätze ich sehr», sagt Garcia Silva. «Mir ist wichtig, dass die Menschen gesehen werden, auch wenn sie wenig Geld haben.»
Auf Spenden angewiesen
Die evangelischen Kirchgemeinden im Mittelrheintal sind Träger des A-Treffs in Heerbrugg. Sie zahlen die Raummiete und weitere regelmässigen Kosten. Finanzielle Unterstützung kommt aber auch von diversen Organisationen und Vereinen. Der A-Treff wird zudem regelmässig von Spenderinnen und Spendern bedacht. Aufgrund der stark angestiegenen Gästeanzahl ist man auf diese Spenden angewiesen.
Die beiden Diepoldsauerinnen Susanne Stierli und Monika Brotzer sortieren an diesem Morgen Kleider. Jeweils am Donnerstag- und Freitagnachmittag werden diese abgegeben. Kleider sind sehr begehrt. Zum Teil standen die Leute eine Stunde an, um sich das beste Stück zu sichern oder sie haben sich die Kleider aus der Hand gerissen. «Wir organisieren die Abgabe nun neu», sagt Maria Garcia Silva. «Jeder zieht eine Nummer, damit die Reihenfolge jedes Mal anders ist. Dann dürfen jeweils acht Personen für 20 Minuten Kleider auswählen.»
Die meisten Kleider stammen von Privaten. Im Moment besonders gefragt sind Wintersachen wie Schuhe oder Skihosen. «Die jüngsten Gäste sind vier Monate alt, die ältesten im Seniorenalter.» Die Textilien sollten in einem Zustand sein, in dem man sie selbst noch tragen würde. Kleider können während den Öffnungszeiten abgeben werden oder es ist möglich, telefonisch einen Termin zu vereinbaren.
110 Familien beziehen Lebensmittel vom A-Treff
Susanne Stierli und Monika Brotzer gehören zum zehnköpfigen Helferteam. Am Dienstag packen jeweils sechs bis acht Leute Lebensmittel ein. Ab 16 Uhr werden die Taschen abgeholt. Insgesamt 110 Familien erhalten Lebensmittel. Aufgrund des begrenzten Platzes war es deshalb nötig, dass die Ukrainerinnen ihre Esswaren am Mittwochmorgen abholen.
Miteinander essen
Verschiedene Kirchgemeinden aus dem Mittelrheintal laden Schutzsuchende neu zum gemeinsamen Mittagessen ein. Das erste dieser Essen findet am Mittwoch, 16. November, um 12.15 Uhr im evangelischen Kirchgemeindehaus in Balgach statt. Dafür anmelden kann man sich bis Montag, 14. November, 16 Uhr, beim A-Treff unter Telefon 071 722 34 55 oder mit einer E-Mail an a-treff@refmittelrheintal.ch
Anschliessend findet das Sprachcafé statt. Eine ukrainische Lehrerin aus Deutschland bringt den Flüchtlingen deutsche Alltagswörter bei. Ukrainerinnen äusserten zudem den Wunsch, regelmässig zu stricken. Ab Januar sind deshalb Stricknachmittage geplant. Die Cafeteria ist ausser am Montag immer offen und zwar für alle. «Die Leute schätzen die Gespräche mit der Bevölkerung», weiss Maria Garcia Silva. Beteiligen kann sich die Bevölkerung auch beim Dekowunschbaum, der im Advent erstmals aufgestellt wird. Die Leute können den Kindern die Wünsche erfüllen, die sie auf einen Zettel schreiben und an den Baum hängen.
Maria Garcia Silva liebt den Kontakt zu fremden Kulturen und Religionen, interessiert sich schon immer für Sozialarbeit und unterstütze Hilfswerke. Sie hat ein Theologie-Fernstudium absolviert und Module in Sozialwesen besucht. Als Leiterin des A-Treffs könne sie ihr Hobby ausleben. «Ich mache genau das, was mir Freude bereitet», sagt sie. Und das scheinen die Menschen zu spüren. «Ein Muslim sagte mir, dass er während des Ramadans täglich für mich gebetet hat», erzählt sie. «Das berührte mich und ist ein sehr grosses Kompliment für mich.»
Hinweis: Infos zu den Öffnungszeiten unter refrheintal.ch.