03.03.2021

Milchimporte lösen Empörung aus

Die Imlig Käserei Oberriet AG darf Billigmilch aus Deutschland importieren. Milchproduzenten fürchten einen Schaden für den nationalen Markt.

Von Enrico Kampmann
aktualisiert am 03.11.2022
Im Dezember löste die Rheintaler Imlig Käserei Oberriet AG Unmut bei Ostschweizer Milchbauern aus. Der Betrieb hatte ein Gesuch bei der Eidgenössischen Zollverwaltung eingereicht, um drei Millionen Liter Milch über drei Jahre aus Deutschland zu importieren und damit Halbhartkäse für deutsche Discounter herzustellen.Wider Erwarten hat die Zollverwaltung dem Gesuch nun stattgegeben. Markus Berner kann den Entscheid nicht nachvollziehen. Er ist Geschäftsführer der Genossenschaft Vereinigte Milchbauern Mitte-Ost(VMMO) und vertritt die Interessen der Ostschweizer Milchproduzenten. Er sagt: «Es ist verrückt, dass die Zollverwaltung das macht, obwohl sie genau weiss, dass die Landwirtschaft dagegen ist.»Einfuhr könnte nationalen Markt schädigenDie VMMO hatte nach Einreichung des Gesuchs dagegen protestiert, weil sie befürchtet, dass Milchimporte aus dem Ausland den nationalen Markt schädigen könnten. In einer Medienmitteilung vom 20. Januar schrieb Berner im Namen derVMMO, Käse sei das wichtigste Produkt der Schweizer Milchwirtschaft. «2019 sind 44,5 Prozent der Milch zu Käse verarbeitet worden, 39 Prozent der Schweizer Käseproduktion wurde exportiert», hiess es dort. Schweizer Käse habe dank der ausserordentlichen Qualität sowie der professionellen Marktbearbeitung weltweit ein sehr gutes Image und positioniere sich in denExportmärkten preislich im oberen Segment.«Es ist inakzeptabel, wenn nun eine Schweizer Käserei durch dieVerarbeitung von Importmilch, unsere Käseexporte direkt konkurrenziert», hiess es weiter. Berner sagt, es sei geradezu widersprüchlich, dass sich der Schweizer Käse auch dank durch den Bund kofinanzierte Massnahmen im Ausland als hochwertiges Produkt etablieren konnte und nun eine andere Bundesbehörde dem Import von drei Millionen Litern Milch zugestimmt habe.Es wird Nachahmer gebenBerner sieht das Hauptproblem darin, dass die Zollbehörde mit der Stattgabe des Gesuchs ein Präjudiz schaffe. Es sei davon auszugehen, dass bald weitere Käsereien dem Beispiel der Imlig Käserei folgen werden. Er sagt: «Den Leuten in der Zollbehörde scheint nicht bewusst zu sein, was für weitreichende Folgen dieser Entscheid haben kann.» Der Import von preisgünstigerer Milch aus dem Ausland übe laut Berner einen massiven Druck auf den hiesigen Milchpreis aus. Diese Meinung teilt auch Urs Werder.Er produziert in Ganterschwil Biomilch fürAppenzellerkäse und ist Präsident der Branchenorganisation Butter (BOB).Stundenlohn von 15 FrankenIn einem früheren Interview mit dieser Zeitung sagte Werder, dass die rund 60 Rappen pro Liter, die Bauern auf dem Schweizer Marktfür konventionelle Milch bekämen, die Kosten schon jetzt nicht decken würden. Hochgerechnet liege der Stundenlohn eines Milchbauern bei etwa 15 Franken.Die Margen seien tief, in anderen landwirtschaftlichenBereichen lasse sich mehr verdienen. Deswegen würden sich auch immer mehr Milchbauern aus dem Geschäft zurückziehen.2019 gaben 520 Betriebe die Produktion auf, letztes Jahr seien es 652 gewesen, sagt Werder. In Deutschland bekäme man herkömmliche Milch rund einen Drittel günstiger; ein Liter koste dort etwa 40 Rappen, sagt Werder. Doch müsse man hierzulande in der Produktion viel höhere Standards erfüllen, welche die Produktionskosten steigern würden.Insbesondere in der Tierhaltung. Er sagt:«Wenn wir unsere Milch für 40 Rappen den Liter verkaufen müssten, um mit dem Angeboten aus dem Ausland mitzuhalten, könnten wir nicht mehr davon leben.» Doch in der Politik zeichnet sich bereitsWiderstand ab.Der Schwyzer SVP-Nationalrat Marcel Dettling hat angekündigt, in der Nationalratssession eine Motion einzureichen, um solchen Gesuchen einen Riegel vorzuschieben.

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