15.08.2018

Miete ist nicht unbedingt viel teurer

Wohneigentum sei derzeit deutlich günstiger als ein gemietetes Objekt. Tatsächlich? Rechnen wir’s mal durch. Als Beispiel dient eine Wohnung, die für 800000 Franken zu haben ist.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Gert BrudererWer sie kauft und einen Viertel des Preises mit eigenem Geld decken kann, benötigt eine Hypothek von 600000 Franken. Bei einer Festhypothek für zehn Jahre und einem angenommenen Zins von 1,5 Prozent ergibt sich eine monatliche Zinsbelastung von 750 Franken.Wird die gleiche Wohnung gemietet, beträgt der Mietzins 2000 Franken pro Monat. Das ist deutlich mehr als die 750 Franken, was den Eindruck fördert, kaufen sei besser als mieten.Amortisieren geht auch ins GeldEine gekaufte Wohnung ist aber zu amortisieren; in 15 Jahren sind 80000 Franken aufzubringen. Dies bedeutet monatliche Amortisationskosten von 450 Franken.Die monatlichen Nebenkosten dürften nach Auskunft von Matthias Hutter, dem Geschäftsführer der Diepoldsauer Sonnenbau-Gruppe, bei 300 Franken liegen – gemeint sind etwa Heizung, Abgaben und Versicherungsbeiträge.Weitere 500 Franken pro Monat sind als sogenannte Eigentümerkosten zurückzulegen. Dieses Geld dient für spätere Erneuerungen, die irgendwann zwangsläufig nötig sein werden.Rechnet der Wohnungseigentümer alle Kosten zusammen, bezahlt er letztlich sehr viel mehr als den monatlichen Zins von 750 Franken. Er kommt bei den genannten Zahlen ebenfalls auf monatlich 2000 Franken – wie ein Mieter.Trotzdem stimmt natürlich, dass der Kauf von Wohneigentum zurzeit noch immer attraktiv ist.Eigene vier Wände contra FreiheitAuch wenn die Kosten bei einer Gesamtbetrachtung vielleicht nicht oder jedenfalls nicht markant tiefer sind als die des Mieters, hat Wohneigentum eben doch einen zweifachen Reiz: das gute Gefühl, in den eigenen vier Wänden zu wohnen und zu wissen, dass das gekaufte Objekt bei steter Amortisation irgendwann abbezahlt sein wird und sodann wirklich einem selbst gehört. Anderseits kann der Mieter ein anderes angenehmes Gefühl haben: Er ist frei, kann die Wohnung jederzeit aufgeben und eine andere mieten. An einer grossen Auswahl mangelt es zurzeit ja wahrlich nicht.----------------------------------------------------------------------- Tiefzins zum Abzahlen nutzenWer Wohneigentum erwirbt, kann sich noch immer eines sehr tiefen Hypothekarzinssatzes erfreuen. Wann er steigt, ist offen. Um keine unliebsamen Überraschungen zu erleben, empfiehlt es sich, die Differenz zwischen einem irgendwann vielleicht viel höheren Zinssatz und dem heute tatsächlich zu bezahlendem Zins fürs Abzahlen zu verwenden.Bank geht von deutlich höherem Zinssatz ausDer Zins, der bei einer zehnjährigen Festhypothek zu entrichten ist, beträgt derzeit zum Beispiel 1,5 Prozent. Nach Ablauf der Festhypothek in zehn Jahren kann der Zinssatz aber viel höher sein, zum Beispiel 5 Prozent. Dieser angenommene, deutlich höhere Satz ist der sogenannt kalkulatorische Zins. Von diesem geht eine Bank aus, wenn sie entscheidet, ob jemand die Kosten für Wohneigentum langfristig tragen kann.390000 Hyposchuld statt 600000Bei einer Hypothek von 600000 Franken bedeutet dies: Der Eigentümer bezahlt der Bank einen monatlichen Zins von 750 Franken, er orientiert sich aber freiwillig oder auf Wunsch der Bank an einem (kalkulatorischen) Zins von 5 Prozent, was monatlich 2500 Franken entspricht. Die Differenz zwischen dem tatsächlich zu bezahlenden Zins (750 Franken) und dem kalkulatorischen Zins von 2500 Franken verwendet er zum Abbezahlen seiner Schulden. Das sind monatlich 1750 Franken.Auf diese Weise kann der Wohneigentümer jedes Jahr die stolze Summe von 21000 Franken beiseitelegen, die der Amortisation dienen. In zehn Jahren, also bei Ablauf der Festhypothek, wird somit die Hypothekarschuld nicht mehr 600000 Franken betragen, sondern nur noch 390000 Franken.Die Verschuldung wird somit in relativ kurzer Zeit markant kleiner. Der Käufer von Wohneigentum ist somit einem deutlich geringeren Zinsänderungsrisiko (nach Ablauf der Festhypothek) ausgesetzt. Matthias Hutter von der Sonnenbau-Gruppe weiss von Banken, die die Verwendung der beschriebenen Zinsdifferenz zugunsten der Amortisation schon zur Bedingung für die Gewährung einer Hypothek gemacht haben.Ob 5 Prozent Zins für eine Hypothekarschuld von 600000 oder von 390000 Franken zu bezahlen sind, ist ein grosser Unterschied. Beim höheren Betrag ergibt sich ein monatlicher Zins von 2500 Franken, beim tieferen sind es «nur» 1625 Franken. (gb)

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