Interview: Hildegard BickelAls Treffpunkt für das Gespräch wählt Nathanya Köhn die Dachterrasse des Innoparc. Hier, über den Dächern von Balgach und des Leica-Areals, verbringt die 25-jährige oft ihre Arbeitspausen und geniesst den Blick über ihre Rheintaler Heimat. Seit dem Final im Scheinwerferlicht auf der «America’s Got Talent»-Bühne ist ein Monat vergangen.Nathanya Köhn, wie sind Sie zurück im Alltag angekommen?Ich arbeite Vollzeit bei Leica Geosystems, wo ich ein Praktikum mache. Letzte Woche durfte ich geschäftlich nach Deutschland reisen. Mit Zurcaroh begann nach einer dreiwöchigen Pause wieder das Training, ich lebe also wie zuvor. Das ist gut so und darum sind wir in der Gruppe eigentlich auch froh, dass wir die Show nicht gewonnen haben.Trotzdem habt ihr enorme Begeisterung ausgelöst.Ja, es erreichen uns wunderschöne Nachrichten von Menschen, die wir inspirieren konnten. Die Aufmerksamkeit auf unsere Gruppe ist extrem gestiegen. Auch im Dorf werden meine Eltern beim Einkaufen angesprochen mit Sätzen wie: «Da macht doch deine Tochter mit.» Grundsätzlich bin ich dankbar, dass ich mein normales Leben weiterleben darf. Obwohl ich mich zuerst eingewöhnen musste nach den intensiven Monaten mit den Auftritten in Los Angeles. Mein Privatleben stand mehr oder weniger still.Ausgerechnet seit Sie frisch verliebt sind.Im Mai kam ich mit meinem Freund zusammen, er wohnt in Schaffhausen. Er kam viel zu mir, ich jedoch kaum zu ihm. Im Sommer sahen wir uns nicht oft, aber er wusste, dass das Projekt wichtig für mich ist und liess mir den Freiraum. Schön war, als er mich an den Auftritt im Viertelfinal begleiten konnte.Zurcaroh ist seit der Castingshow eine international gefragte Showgruppe.Träumt ihr davon, durchzustarten?Der Gedanke ist prickelnd. Wir könnten wohl auch eine Weile davon leben und durch die Welt reisen. Doch in dem Moment, wo es um Geld geht, wenn es nur noch die Auftritte gibt, kommen andere Herausforderungen hinzu. Wäre es möglich, weiterhin so frei und mit Freude aufzutreten? In unserer Gruppe sind Kinder und Erwachsene dabei, eingebunden in Familie und Jobs. Das macht Zurcaroh aus. Wir stehen auf grossen Bühnen, sind aber Laien.Gibt es ein Ritual, das ihr vor einem Auftritt pflegt?Wir beten vor unseren Auftritten um Schutz. Glücklicherweise ist noch nichts Schlimmeres passiert als eine gebrochene Hand. Allen ist bewusst, wie gefährlich es ist, was wir machen. Deshalb bilden wir jeweils einen Kreis, bevor wir auf die Bühne gehen und geben uns die Hände. Das brachte unser Trainer als Ritual mit in die Gruppe. Alle akzeptieren und schätzen es sehr.Welche Pläne habt ihr für die Zukunft?In diesem Jahr treten wir noch zweimal auf. Las Vegas ist ebenfalls ein Thema, es laufen Gespräche für eine Show im nächsten Jahr. Unbedingt möchten wir im nächsten Frühjahr in der Nähe auftreten, für unsere Familien und regionalen Fans. Ziel ist es, das eingenommene Geld für Brasilien zu sammeln, wo wir vor Ort Strassenkinder unterstützen und mit ihnen tanzen wollen.HinweisAuftritte und Infos zur Gruppe unter www.zurcaroh.comDie Vorarlberger Gruppe Zurcaroh erreichte in der Mega-Castingshow «America’s Got Talent» den sensationellen zweiten Platz. Nicht nur die akrobatische Leistung überzeugte, die rund 50 Tänzer verzauberten das Publikum auch mit ihrem familiären Zusammenhalt. Die erfolgreichen Choreografien entstehen unter der Leitung des Brasilianers Peterson da Cruz Hora. Nathanya Köhn aus Balgach ist die einzige Schweizerin in der Gruppe. Sie turnte früher im Schweizer Kader der Rhythmischen Gymnastik. (hb)