25.11.2019

«Mein erstes Tattoo war ein Delfin - ich bereue es nicht»

#Mondaymood: Tattoos sind wie eine Sucht. Das kann Philipp bestätigen. Er liess sich mit 17 Jahren zum ersten Mal tätowieren. Seine Faszination hat er mittlerweile zum Beruf gemacht und betreibt in Heerbrugg ein Tattoo-Studio.

Von hb
aktualisiert am 03.11.2022
Name: Philipp Alter: 42 Wohnort: Lustenau Beruf: gelernter Bürokaufmann, Tätowierer Philipp tätowiert seit 9 Jahren und eröffnete im August 2018 in Heerbrugg das Studio Philigran.Wieviele Tattoos hast du? Ich habe fünf. Das erste liess ich mit 17 stechen, es war ein Delfin (lacht). Ich wollte einfach ein Tattoo, etwas Zeitloses. Ich bereue es nicht und würde es auch nicht überstechen lassen.Haben deine Tattoos eine besondere Bedeutung? Ja, denn ich finde, ein Tattoo muss gut überlegt sein. Ausser dem Delfin haben alle meine Tattoos eine Bedeutung. Sie stehen im Zusammenhang mit meiner Frau, meinem Sohn, meinem Vater und Bruder. Auch wenn ich sehr gern tätowiere, bin ich selber aber nicht der Typ, der sich volltätowieren lässt.Wie bist du Tätowierer geworden? Das ist eine spezielle Geschichte. Während Jahren habe ich hobbymässig Airbrush-Aufträge ausgeführt, zum Beispiel auf Autos oder Motorradhelmen. Ein Kunde fragte, ob ich nicht auch tätowieren wolle. Interesse hatte ich. Das Problem war nur: Wie lerne ich es? Der Kunde, der selber während Jahren tätowierte, sagte, er würde mich einführen. Es liess mich nicht mehr los.Wie bist du beim Lernen vorgegangen? Tätowieren funktioniert nur learning by doing. Es kann dir niemand sagen, wie tief du in die Haut stechen musst. Ich habe es mir einfacher vorgestellt. Geübt habe ich auf Schweinehaut, das ist wie auf einem Stück Leder. Ich fühlte mich ins kalte Wasser geworfen. Das war gut so. Sonst wäre ich heute nicht da, wo ich bin.Wen hast du als erstes tätowiert? Das war der Kunde, der mich zum Tätowieren brachte. Vor dem Termin hatte ich seit langem wieder mal richtig Angst: „Was tue ich hier?“, fragte ich mich. Doch je mehr man tätowiert, desto mehr findet man in das Handwerk.Welches war das schwierigste Tattoo, das du bisher gemacht hast? Das war ein CD-Cover, eine Computergrafik nur mit Schattierungen, gewünscht auf dem Unterarm. Rund vier Stunden  war ich an der Arbeit, das hat mich geistig und körperlich geschafft. Einmal war ich 7 Stunden am Tätowieren. Das mach ich aber nie mehr. Das ist eine Tortur für den Kunden, dessen Haut und für mich. Idealerweise dauert das Tätowieren etwa 3 Stunden, das halten alle gut durch.Welches ist die speziellste Körperstelle, die du tätowiert hast? Das Hinterteil. Es gibt aber auch Sperrzonen, die ich nicht tätowiere. Dazu gehören Tattoos im Intimbereich und am Hals. Als Tätowierer trage ich Verantwortung für jedes noch so kleine Tattoo. Solche am Hals, auf dem Handrücken, oder im Gesicht müssen nicht sein. Sie lösen kritische Blicke aus und wecken Vorurteile. Dem Kundengespräch widme ich deshalb besondere Aufmerksamkeit. Ich muss wissen, ob sich der Kunde mit dem Motiv sicher ist.Was fasziniert dich an deiner Arbeit? Je komplizierter die Vorlage, desto mehr kann ich mich darauf einlassen. Tätowieren ist für mich keine Arbeit, es ist wie Entspannung. 99 Prozent der Motive zeichne ich selber. Alles sind Einzelstücke. Die Kundschaft äussert ihre Wünsche, demensprechend zeichne ich die Vorlage.Gibt es aktuelle Tattoo-Trends? Mittlerweile kommen Indianertrends wieder gross raus. Immer wieder gefragt sind Motive wie Totenköpfe und Rosen.Manche sagen, Tattoos sind wie eine Sucht.  Ja, es ist definitiv eine Sucht. Die meisten meiner Kunden kommen immer wieder. Während dem sie auf dem Stuhl sitzen und ich mit der Nadel an der Arbeit bin, denken sie bereits über das nächste Motiv nach. Das können 20-Jährige oder 50-Jährige sein. Mein ältester Kunde ist 70 Jahre alt.Gibt es ein Mindestalter beim Tattoo stechen? Grundsätzlich gilt: ab 16 Jahren mit der Unterschrift der Eltern. Davon halte ich nichts. Sind die jungen Leute 17 Jahre alt, wie ich beim ersten Tattoo, sollen die Eltern zur Besprechung mit ins Studio kommen. Hat das Tattoo eine besondere Bedeutung, ist es nicht zu gross und sind die Eltern damit einverstanden, dann ist es ok.Was würdest du sagen, wenn dein Sohn sagt: Papa, ich will ein Tattoo? Das Problem kenne ich bereits, er ist 13 und möchte sich mit 16 tätowieren lassen. Das ist zu früh. Ich versuche es hinaus zu zögern. Irgendwann werde ich ihm seinen Wunsch aber wohl doch erfüllen.

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