Andrea C. Plüss«Im März haben wir so viele Gebührensäcke verkauft wie noch nie», sagt Daniel Brack, Geschäftsführer der Kehrichtverwertung Zweckverband Rheintal (KVR). Ein grosser Teil der Rheintaler Bevölkerung hielt sich durch den angeordneten Lockdown zu Hause auf. Es wurde mehr gekocht, generell mehr zu Hause konsumiert und die Zahl der Online-Bestellungen schnellte in die Höhe. Das anfallende Verpackungsmaterial wanderte zu einem grossen Teil in den Kehrichtsack. Diese Tatsache lässt sich durchaus auch an der Müllmenge ablesen. Auf jeden Einwohner der 16 KVR-Mitgliedsgemeinden entfielen im vergangenen Jahr 171 kg Hauskehricht (inkl. Sperrgut). Unter Berücksichtigung der gestiegenen Bevölkerungszahl entspricht das einer durchschnittlichen Zunahme der Abfallmenge um 8,1 kg pro Kopf. Generell sinken die Kehrichtmengen im Kanton St. Gallen seit einigen Jahren deutlich. Die Zahlen für 2020 sind jedoch noch nicht publiziert. Im Vergleich mit anderen kommunalen Entsorgern oder Abfallverbänden im Kanton wies das Rheintal mit 163 kg im Jahr 2018 die geringeste Kehrichtmenge pro Einwohner auf. Mengenangaben mitVorsicht zu betrachtenDen Zahlen zu den Abfallmengen auf Gemeindeebene kommt jedoch lediglich ein empirischer Charakter zu. Nebst Privathaushalten sind auch Firmen mit weniger als 250 Vollzeitstellen verpflichtet, ihre brennbaren Abfälle über das Entsorgungsmonopol zu entsorgen, sofern sich diese Abfälle ähnlich zusammensetzen wie der Abfall von Privathaushalten. Diese Mengen lassen sich nicht exakt dem Pro-Kopf-Abfall zuordnen. Darüber hinaus können beispielsweise Glas, Papier, Pet, Holz und anderes bei privaten Entsorgungs- und Recyclingunternehmen oder bei zusätzlichen kommunalen Sammelstellen abgegeben werden. Diese Direktabgaben fliessen nicht in die Erhebungen des KVR ein. «Der anfallende Hauskehricht pro Kopf lässt sich nicht pro Gemeinde ableiten», fasst KVR-Geschäftsführer Daniel Brack zusammen. Chasper Gmünder ist Spezialist für Abfall und Rohstoffe beim kantonalen Amt für Umwelt in St. Gallen. Er erstellt die kantonalen Abfallstatistiken. Die Zahlen zeigen unter anderem auf, wie sich der sogenannte Siedlungsabfall zusammensetzt: Kehricht bildet den grössten Teil, gefolgt von Grüngut, Papier/Karton, Altglas und weiteren Wertstoffen. «Die Mengen der bei privaten Unternehmen entsorgten Siedlungsabfälle fehlen in meiner kantonalen Statistik», sagt Gmünder. Bislang mussten private Entsorgungsbetriebe nur die Mengen an klassierten Abfällen melden. Das sind Abfälle, von denen eine besondere Gefahr ausgeht. Künftig darf mit mehr Abfall-Transparenz gerechnet werden. Ab diesem Jahr müssen alle Abfallarten pro Betrieb erfasst und gemeldet werden. Um diese neue Berichterstattungspflicht möglichst zu vereinfachen, werde der Bund eine Plattform zur Verfügung stellen, die sich aktuell im Aufbau befindet und voraussichtlich im nächsten Jahr genutzt werden könne, so Gmünder. Deutlich mehr Altglas in den SammelcontainernMit Blick auf das vergangene Jahr ist KVR-Geschäftsführer Daniel Brack nicht nur der Run auf die Gebührensäcke im letzten März in Erinnerung geblieben. An manchen Standorten füllten sich während des Lockdowns die Altglas-Sammelcontainer so rasch, dass die mit der Leerung beauftragten Entsorgungsunternehmen Sonderschichten einlegen mussten. «Manche Glascontainer, die normalerweise alle 14 Tage geleert werden, waren bereits nach drei Tagen voll», erinnert sich Brack. Mit 1971 Tonnen Altglas liegt die vom KVR für 2020 ausgewiesene Menge um 300 kg über dem Vorjahreswert. Daniel Brack sieht ein Indiz für die grössere Menge an Altglas im höheren Getränkekonsum in den eigenen vier Wänden. Bis auf Altpapier und Alteisen sind beim KVR-Zweckverband alle gesammelten Wertstoffe gegenüber dem Vorjahr leicht erhöht. Wir haben uns bei privaten Entsorgungsfirmen im Rhein-tal umgehört, wie sich dort die Abfallsituation im Coronajahr 2020 darstellte. Steve Hörler, Standortleiter der Verwert AG in Au, kann für 2020 keinen markanten Anstieg des Abfallguts gegenüber 2019 feststellen. Die Privatmengen entsprächen in etwa dem Vorjahresniveau, so Hörler. Ähnlich äussert sich Jakob Thür für die Entsorgungsfirma Thür in Altstätten. Verlagert habe sich die Wertstoffabgabe jedoch vom Samstag auf die anderen Wochentage. Alles in allem sei «2020 in etwa wie 2019» gewesen, so Thür. Was alle Entsorger schmerzt: Die Wertstoffpreise waren 2020 am Boden. Sie erholen sich erst langsam.