02.01.2022

Mehr Gäste haben im Rheintal übernachtet

Im Sommer stieg die Zahl der Logiernächte, blieb aber unter dem Vor-Corona-Niveau. Oberriet bildet die Ausnahme.

Von Benjamin Schmid
aktualisiert am 02.11.2022
Mit dem Lockdown im Früh­-jahr 2020 brach die Zahl der Logiernächte in der Schweiz ein. Besonders betroffen war das Rheintal mit seinem Geschäftsreisentourismus. Dieser kam fast vollständig zum Erliegen, womit sich die Zahl der Logiernächte in der Region beinahe halbierte. Im Sommer entspannte sich die Lage: Es wurden wieder viel mehr Übernachtungen gebucht. Auch wenn der Zuwachs von 56 Prozent im Rheintal deutlich ist (kantonal sind es 35 Prozent), gilt es zu beachten, dass er von einem tiefen Niveau aus erfolgte. Während von Mai bis Oktober in Altstätten rund 26 Prozent mehr Logiernächte verzeichnet wurden, kommt Oberriet auf eine Zunahme von 139 Prozent. Ersteres ist auch im kantonalen Vergleich kein starker Zuwachs, Letzteres ist sogar auf nationaler Ebene ein Spitzenwert. Obwohl auch Diepoldsau (+ 45 Prozent) und Widnau (+ 71 Prozent) deutlich mehr Übernachtungen registrierten, blieben sie im Ge­gensatz zu Oberriet noch hinter den Zahlen des Sommers 2019 zurück.Doppelt so viele Übernachtungen wie 2019Zählte Oberriet im Sommer 2019 2521 Übernachtungen, waren es im gleichen Zeitraum dieses Jahres 5050 – ein Zuwachs von 100 Prozent. Erklären kann sich das Bernadette Zäch, Besitzerin des Hauses zur Krone in Freienbach, Oberriet, nicht. Ihre eigenen Erfahrungen decken sich aber mit der Tatsache, dass wieder mehr Gäste über Nacht geblieben sind. «Wir hatten viele Touristen aus der Westschweiz», sagt Bernadette Zäch. Nebst Gästen auf der Durchreise, beherbergte Zäch auch viele, die seit Jahren bei ihr Ferien verbringen. Als kleiner Betrieb konnte sie die Corona-Massnahmen problemlos umsetzen und gleichzeitig schätzten die Gäste das Familiäre des Bed-and-Breakfast-Konzepts. Darüber hinaus habe Oskar, die Ostschweizer Gästekarte, die sie seit drei Jahren anbietet, einen spürbaren Aufschwung gebracht. «Oskar hat nicht nur dazu geführt, dass mehr Gäste gekommen sind, sie sind auch länger geblieben», sagt die Besitzerin. Wieso die Zahl der Logiernächte in Oberriet förmlich explodierte, sei gemäss Thomas Kirchhofer, Direktor von St. Gallen-Bodensee-Tourismus, kaum erklärbar: Es gebe heute weder mehr Beherbergungsbetriebe noch stünden mehr Betten zur Verfügung. Möglicherweise sei die Datenlage ungenau oder in Oberriet hätten in diesem Jahr viel mehr Gäste übernachtet als in den vorangegangenen Jahren. Berner und Welsche entdecken das RheintalAuch Annemarie Zünd, Leiterin des Hotels Profis in Diepoldsau, blickt auf einen ziemlich guten Sommer zurück. Trotz schlechten Wetters im Frühling hätten viele Velofahrerinnen und -fahrer im Hotel übernachtet. «Vor allem Einheimische aus dem Mittel- oder dem Waadtland haben bei uns gebucht», sagt Zünd. Sie habe aber auch ausländische Gäste beherbergt. Erst als die Reisebestimmungen wieder restriktiver wurden, blieben diese aus. Sie sei froh, dass sie geöffnet haben konnte und nicht wie in Österreich ein Lockdown verhängt wurde. «Das ganze Team ist motiviert, im nächsten Jahr noch mehr Gäste zu empfangen», sagt die Hotelleiterin.«Der Sommer war zufriedenstellend», sagt Irene Neubauer, Geschäftsführerin des Businesshotels Forum in Widnau. Auch wenn die Geschäftsleute mehrheitlich fehlten, kamen viele Velofahrerinnen und -fahrer aus Bern und aus der Romandie. Obwohl der Betrieb ein Businesshotel sei, habe der Individualtourismus in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen.  Dies zeige sich auch in der Verweildauer der Gäste: In diesem Sommer blieben sie einen Tag länger. Wegen der vielen unterschiedlichen Bestimmungen fragten die Gäste nach den aktuellen Regeln und buchten dann kurzfristig. «Eine Prognose zu wagen, ist wie Lottospielen», sagt Neubauer. Trotzdem rechne sie mit einer Verbesserung der Lage im Sommer. Der Situation nichts Positives abgewinnenDass die Lage für die Hotelle­rie angespannt ist und bleibt, lässt sich nicht wegdiskutieren. Ebenso wenig, dass die Verschärfung der Pandemiemassnahmen die im Sommer aufkeimende Hoffnung mancher Hoteliers wieder zerstört hat. Im Gegensatz zu anderen Gemeinden blieb der Aufschwung in Altstätten verhältnismässig klein. «Ich kann dieser Situation nichts Positives abgewinnen», sagt Hedy Wettmer, Besitzerin des Hotels Sonne in Altstätten. Die Fahrradtouristinnen und -touristen im Sommer konnten das Defizit des normalerweise auf Businesstouristen ausgerichteten Hotelbetriebs nicht mindern. Nur dank vieler selbst erbrachter Leistungen sei das Wirtschaften möglich. Weil ihr Schicksal in den Händen des Bundes liege, wage sie keine Prognose für kommendes Jahr. Solange die Unsicherheiten bestehen bleiben, fehle ihr der Optimismus: «Wir leiden – und wenn es so weitergeht, lupft es uns irgendwann auch», sagt Hedy Wettmer.

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.