11.09.2018

Mehr als eine Turnstunde

Seit über 50 Jahren organisiert der Verein PluSport Behindertensport Rheintal sportliche Aktivitäten für erwachsene Menschen mit einer Behinderung – neu auch für Kinder mit einer Beeinträchtigung.

Von Benjamin Schmid
aktualisiert am 03.11.2022
Benjamin SchmidSport ist gesund und fördert die körperliche Entwicklung. Sowohl die Motorik als auch das Gleichgewicht lassen sich durch sportliche Tätigkeiten verbessern. «Es ist nie zu spät, mit Sport anzufangen», sagt Simone Michlig-Thür, Präsidentin von PluSport Behindertensport Rheintal und ehemalige Leistungssportlerin. «Legten wir in den vergangenen Jahrzehnten den Fokus auf Erwachsenensport, haben wir nun erkannt, dass für Kinder und Jugendliche ein grosser Bedarf an Sport- und Freizeitangeboten besteht.»Einziges Angebot in der RegionIm Rheintal gab es bis diesen Sommer für Kinder und Jugendliche mit einem Handicap nur wenige Möglichkeiten, sich mit Gleichgesinnten sportlich zu betätigen. Seit Mitte August können Kinder von acht bis achtzehn Jahren jeden Mittwoch zwischen 17 und 18 Uhr in der Reichenbündt-halle in Heerbrugg gemeinsam turnen und spielen. «Die Kinder sind die Zukunft der Vereine – auch bei uns», sagt Nathalie Waser-Torgler, technische Leiterin bei PluSport, und Simone Michlig-Thür ergänzt: «Daher haben wir uns entschlossen, nebst den Erwachsenen auch die Jugendlichen zur Bewegung zu motivieren.» Keinen Monat nach der Einführung besuchen bereits zehn Kinder regelmässig die Turnstunde. Das Angebot stösst auf reges Interesse bei den betroffenen Familien. «Die Turnstunde ist mehr als nur Sport», sagt die Präsidentin. Dabei gehe es immer auch um Geselligkeit, Freude und Spass, aber auch darum, sich auszutauschen, Kontakte zu knüpfen und sich gegenseitig zu unterstützen. Sowohl bei der Vorbereitung als auch bei der Gestaltung der Stunden gäbe es wenig Unterschiede zu den Turnstunden der Sportvereine. «Man geht auf die Bedürfnisse der Kinder ein, passt das Tempo und die Anforderungen den individuellen Stärken und Schwächen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an und schaut darauf, dass die Freude im Mittelpunkt steht», sagt Nathalie Waser-Torgler.In der Art und Weise, wie die Kinder miteinander umgehen, zeigen sich jedoch Unterschiede: Hilfe und Unterstützung werden grossgeschrieben, die Kinder freuen sich füreinander und miteinander über kleine Erfolge. Sie sind ehrgeizig, aber nicht im Konkurrenzkampf. Sie gehen mit ihren individuellen Beeinträchtigungen offen um, nehmen sich ernst und als gleichberechtigte Personen wahr. «In einem Punkt gleichen sich alle Kinder», sagt die technische Leiterin und ergänzt: «Einsatzbereitschaft, Wille und Ausdauer stimmen.»Integration und InklusionWährend Menschen ohne Handicap freien Zugang zu sportlichen und kulturellen Angeboten geniessen, finden behinderte Kinder und Jugendliche kaum Unterschlupf in Vereinen. Der Verein PluSport sprang vor über 50 Jahren mit seiner Gründung in die Bresche. Seither hat sich vieles verändert. Egal ob geistige, körperliche oder psychische Behinderung – Menschen mit Handicap sollen nicht mehr von der Gesellschaft ausgegrenzt werden. «In den letzten Jahren wurden Bemühungen in Richtung Integration und Inklusion gemacht», sagt Simone Michlig-Thür. Es bleibe weiterhin viel zu tun, damit alle Menschen als gleichberechtigte Individuen und Teil der Gesellschaft akzeptiert werden. Ein erster Schritt dahin sei, Menschen mit Behinderungen Möglichkeiten zu offerieren und Angebote zu schaffen.

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