29.01.2019

Mausgraue Maschine wird zum Star

Die letzte Bohrerschleifmaschine der Vogtländischen Maschinenfabrik steht in Rebstein. Sie bereichert die sächsische Industriegeschichte. Der Erstbeleg für die Erfindung der Ätzstickerei stammt ebenfalls aus Rebstein.

Von Jolanda Spirig
aktualisiert am 03.11.2022
Jolanda SpirigSeit vielen Jahrzehnten fristet sie ein unscheinbares Dasein im Ortsmuseum Rebstein, die über 100-jährige, mausgraue Bohrerschleifmaschine mit dem stolzen Fabrikschild: Vogtländische Maschinenfabrik Plauen.Dass dieses Maschinchen plötzlich zum Star wird und damit zur wertvollen Bereicherung der sächsischen Industriegeschichte, ist den hartnäckigen Recherchen des Plauener Industrieforschers Heino Strobel und einem Tipp des Balgacher Spurensuchers Ernst Nüesch zu verdanken.Kaum beachtetes HighlightBis zum Zweiten Weltkrieg waren St. Gallen und das 500 km entfernte Plauen als Stickereizentren vergleichbar. Die Vorfahren von Ingenieur Strobel waren Sticker. Vor der Wende konnte er nur davon träumen, aus der DDR an die Schweizer Quellen der Maschinenstickerei zu reisen. Umso stärker pflegte er seine Stickereirecherchen nach 1990. Inzwischen weiss er mehr über die Ostschweizer Stickereigeschichte als viele Einheimische. Ab und zu lässt er seinen Freunden aus dem Saurer-Museum oder seinen Rheintaler Bekannten die eine oder andere Trouvaille zukommen: Darunter ein deutsches Reichspatent von 1881 für eine Vorrichtung, mit der es gelang, auf Papier zu sticken und dieses anschliessend zu entfernen – ausgestellt auf Joseph Halter aus Rebstein. Der Erstbeleg für die Erfindung der Ätzstickerei ist ein kaum beachtetes Highlight der Rheintaler Stickereigeschichte. Die Information fand Eingang in die Jacob-Rohner-Ausstellung im Altstätter Museum Prestegg und in die aktuelle Publikation des Textilmuseums «Historische Spitzen».Die 12000. Stickmaschine nach Rebstein geliefertDie Vogtländische Maschinen­fabrik – einer der beiden Gründer war der Schweizer Conrad Dietrich – lieferte bereits ab 1892 Schifflimaschinen in die Schweiz. 1900 bekam sie von der Feldmühle AG in Rorschach die exklusive Lizenz für den Bau des Gröbli-Stickautomaten mit Lochkartensteuerung.Wie der Vogtländische Anzeiger meldete, verliess am 30. Januar 1912 die 12000. Stickmaschine die Vogtländische Maschinenfabrik, was gross gefeiert wurde. Bestimmt war diese Maschine «für die Firma Jacob Rohner in Rebstein (Schweiz)». Der ausgedehnte Jacob-Rohner-Maschinenpark bestand zur Hälfte aus Saurer- und Plauener Stickmaschinen.Die Bohrerschleifmaschine steht im OrtsmuseumDie Jacob-Rohner-Stickereiproduktion ist ebenso Geschichte wie die Vogtländische Maschinenfabrik. Übrig geblieben sind eine Handstickmaschine im Entrée des rinova Impulszen­trums und die kleine Bohrerschleifmaschine aus Plauen – die letzte ihrer Art. Sie steht ganz bescheiden und etwas versteckt hinter der Saurer-Handstickmaschine im ungeheizten Rebsteiner Ortsmuseum.

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